„Das muss man diplomatisch regeln“

Der Aufruf zur heutigen Großkundgebung gegen den Terror ruft bei den Berlinern ein gemischtes Echo hervor.Selbst unter Kritikern der US-Politik ist die Teilnahme umstritten. Solidarität mit den Opfern, Angst vor Eskalation

Der Aufruf zur heutigen Demonstration anlässlich des verheerenden Terrors gegen die USA ist gestern auf ein unterschiedliches Echo gestoßen. Viele Berliner unterstützen die Demo, die unter dem Motto „Solidarität mit den Vereinigten Staaten von Amerika“ steht. Andere befürchten eine Eskalation der Gewalt, sollten die USA zu einem Gegenschlag ausholen.

„Das war Krieg“, sagte ein Lehrer aus Wilmersdorf. Den Opfern gelte seine Solidarität. Die USA hätten viel für die Stadt getan. „Jetzt können wir nicht abseits stehen.“ Ein Mann aus Osteuropa hielt Gegenschläge der USA für unvermeidlich. „So etwas kann sich keiner bieten lassen.“

In Friedrichshain bedauerte eine vietnamesische Gemüsehändlerin die vielen Toten. Deshalb würde sie zur Demonstration gehen, wenn sie nicht arbeiten müsste. Eine Rentnerin schloss eine Teilnahme an der Demo hingegen kategorisch aus. „Die USA haben schon viel schlimmere Kriege begonnen, zum Beispiel in Vietnam.“ Dann denkt sie gar an Verschwörungstheorien. Wer wisse, ob die Anschläge nicht hausgemacht seien, um überall loszuschlagen. Ein jüngerer PDS-Anhänger wies dies zurück. Er habe immer die US-Politik kritisiert. „Aber heute fühle ich mich als Amerikaner.“

Gemischtes Bild auch in Kreuzberg: An einem Haus prangt ein frisches Graffito: „Solidarität mit den USA und Israel“. Ein junge Frau will auf jeden Fall zur Demo gehen. Mit einem Transparent „Lang lebe Israel“. Der Anschlag habe den USA gegolten, weil sie die einzige Schutzmacht Israels seien. Den islamistischen Terroristen gehe es darum, den Staat Israel zu vernichten. Die Tresenkraft einer Szenekneipe lehnte die Demoteilnahme ab. Die USA könnten jetzt die Muskeln spielen lassen. Eine Apothekerin wollte zur Demo gehen, um den Opfern ihre Solidarität zu bekunden. Im Fall von Gegenschlägen befürchtet sie jedoch eine Eskalation: „Das muss man diplomatisch regeln.“ Ein Lehrer meint, der Anschlag habe auch einer multikulturellen Gesellschaft gegolten: „Im World Trade Center arbeiten Menschen aus der ganzen Welt.“ Auch ein Mitarbeiter eines arabischen Imbisses würde zur Demo gehen, müsste er nicht arbeiten. „Die vielen Toten sind durch nichts zu entschuldigen.“ ROT