Die Rückkehr zum Bewährten

■ Im Rathaus wird über die Folgen der Attentate für die Bürgerschaftwahl spekuliert

So recht darüber sprechen mag offiziell niemand. Schließlich ist der Wahlkampf noch bis zum Montag gestoppt, und im Moment macht die Politik in Pietät, hat sich vom Tagesgeschäft eine Auszeit genommen. Aber unter der Decke des Offiziösen wirken die Strategen: Da wird spekuliert, wie die Attentate von New York und Wa-shington das Hamburger Wahlergebnis beeinflussen könnten. Vor allem im rot-grünen Lager regiert insgeheim das Prinzip Hoffnung.

SPD-Geschäftsführer Werner Löwe ist zwar der Ansicht, dass „man das überhaupt nicht kalkulieren kann“, Oppositionschef Ole von Beust meint, „Takt und Pietät verbieten es eigentlich, darüber nachzudenken, welche Konsequenzen es für die Wahlen hat“, und FDP-Spitzenkandidat Rudolf Lange hält es angesichts der Ereignisse vom Dienstag ohnehin für „belanglos, ob hier der Grüne Pfeil eingeführt wird oder drei Poller weniger in der Stadt stehen“. Dagegen steht, dass bereits am Mittwoch im Rathaus sowohl unter PolitikerInnen als auch unter den Journalis-tInnen eines der Hauptthemen war, welche politische Kraft eventuell von dem alles überlagernden Thema profitiert und wem es schaden könnte. Tatsächlich ist die Wahl durch die Ereignisse in den USA noch ein bisschen unwägbarer geworden.

Wasser auf die Mühlen bekommen solche Spekulationen durch eine allerdings bundesweite ZDF-Umfrage, nachdem die SPD in dieser Woche einen Riesensprung um fünf Prozent nach oben getan hat – ein Beleg für die Theorie von Wahlforschern, dass in Zeiten der Verunsicherung das gewählt wird, was das vermeintlich Bewährte ist. Wer ohnehin irritiert ist, wählt nicht zusätzlich das Experiment. Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) scheint in diesen Tagen nur Staatsmann zu sein, er und sein Innensenator Olaf Scholz haben als Regierende das Heft des Handelns in der Hand. Runde ist allgegenwärtig, jeder Bürgermeister-Termin steht im Zentrum des Interesses. Die Opposition aus CDU und FDP, selbst ein Ronald Schill, ist in diesen Tagen zum Zuschauen in der zweiten Reihe verurteilt. Auf harte Attacken in den Schlusstagen des Wahlkampfes müssen sie gezwungenermaßen verzichten, wenn sie nicht als taktlos dastehen wollen. Politisch sind vor allem der CDU dadurch die Hände gebunden.

Die Aussichten für Schill haben sich dagegen nur unwesentlich verschlechtert. Die Tatsache, dass einige der Täter von New York zufällig jahrelang in Hamburg lebten, kann ihm und seinem steten Versuch, Innere Sicherheit mit dem Thema AusländerInnen in der Stadt zu verknüpfen, nur nützen.

Peter Ahrens