bladerunner
: Schleimhautzellen,selbst gekratzt

Der genetische Fingerabdruck ist wenig beliebt. Zu trocken, zu kompliziert. Er passt nicht in die pastellbunte Welt der virtuellen Zelle im 3. Stock des technischen Museums. Klar, es ist spannender, per Videophone mit amerikanischen Genomexperten zu parlieren. Eine Runde Chromosomenschach zu spielen. Oder sich mit Wattestäbchen Schleimhautzellen aus der Mundhöhle zu kratzen und sie dann vergrößert zu bewundern.

Der genetische Fingerabdruck erschließt sich dagegen nur mühsam, auch wenn Mikrobiologe Reinhard Nestelbacher geduldig von Proteinase-K, Resin und Autoklavieren redet. Immerhin: Auch hier kann im Rahmen des Wissenschaftssommers jeder mitmachen und sich den persönlichen Gen-Strichcode auf eine Plastikkarte drucken lassen. Freiwillig und anonym, versteht sich. Nur zum Ausprobieren. 1414, 1415, Nestelbacher schreibt mit schwarzem Filzstift Nummern auf die Plastikröhrchen.

In Wiesbaden sitzen Bundeskriminalisten und stecken Zellproben in ähnliche Röhrchen, wenn wieder eine Ulrike im Wald missbraucht und ermordet wurde. Dann speicheln hunderte von Männern aus den Dörfern der Umgebung unfreiwillig. Manche Politiker fordern in solchen Fällen, doch gleich alle Männer bundesweit in einer Gen-Datenbank zu erfassen.

Solche Themen sind irgendwie fehl am Platze in der Bio-Erlebniswelt. Natürlich kämen manchmal auch kritische Fragen, meint Nestelbacher. „Einige Schüler wollen wissen: Warum tut ihr das? Ist das gut, was ihr tut?“ Man glaubt ihm, dass er so etwas gerne öfter diskutieren würde.

Doch meist zeigt er auf den großen Bildschirm und erklärt, warum die eine Schleimhautzelle bonbonfarbener als die andere ist. Oder ermahnt 15-Jährige, nicht so heftig am Tisch zu rütteln. Endlich bleiben zwei Mädchen neben der Zentrifuge stehen. „Was kann man denn hier machen?“ Der Wissenschaftler schaut auf: „Einen DNA-Fingerprint.“ – „Hä?“ – „Einen genetischen Fingerabdruck.“ – „Au ja!“ – „Au ja heißt aber, dass ihr ihn erst übermorgen abholen könnt.“ – „Ooch, dann gehen wir woanders gucken.“ Der genetische Fingerabdruck ist eben wenig beliebt. ULRICH SCHULTE