Tories wählen neuen Chef

Konservativer Iain D. Smith setzt sich klar gegen europafreundlichen Kenneth Clarke durch. Neuer Tories-Chef hat klare Standpunkte: Härtere Verbrechensbekämpfung, Ablehung von Abtreibung

aus Dublin RALF SOTSCHECK

Britanniens Konservative Partei hat einen neuen Chef gewählt. 61 Prozent der 315.000 Parteimitglieder stimmten am Donnerstagabend für Iain Duncan Smith, der dem rechten Parteiflügel angehört, sein europafreundlicher Gegenkandidat Kenneth Clarke erhielt 39 Prozent. Die anderen Kandidaten, darunter der frühere Verteidigungsminister Michael Portillo, waren schon bei der Vorwahl unter den Tory-Unterhaus-Abgeordneten gescheitert. Die Wahl war notwendig geworden, weil William Hague nach der verheerenden Wahlniederlage Anfang Juni seinen Rücktritt eingereicht hatte.

Duncan Smith ist ein Mann der eindeutigen Positionen: Europa ist für ihn ein Schimpfwort, einmal hat er sogar vorgeschlagen, Britannien solle die Europäische Union verlassen und stattdessen der Nordamerikanischen Freihandelszone Nafta beitreten. Er ist gegen den „Missbrauch des Asylsystems“ und verlangt die beschleunigte Abschiebung. Er will die Verbrechensrate durch längere Gefängnisstrafen bekämpfen und würde gerne den Tod durch den Strang wieder einführen. Im Januar sagte er in einer Rede, Homosexuelle in der Armee würden „die Effektivität negativ beeinflussen“. Als praktizierender Katholik ist er strikt gegen Abtreibung.

Duncan Smith wurde in seiner Wahlkampagne von der ehemaligen Premierministerin Margaret Thatcher unterstützt. Das hat ihm offenbar nicht geschadet. Heutzutage wird Thatcher bei den gemäßigten Tories als peinliche ältere Verwandte gesehen. Clarke, der Thatchers Kabinett als Finanzminister angehörte und ihr 1991 seine Unterstützung entzog, sagte über Thatcher: „Wenn sie im Wahlkampf auftaucht, dann ist das nicht mehr länger ein Höhepunkt, fürchte ich.“

Duncan Smith ist 47, er folgte seinem Großvater und seinem Vater in die Armee. Seine Ausbildung erhielt er in der Militärschule Sandhurst, dann trat er dem Regiment „Scots Guards“ bei und kämpfte in Simbabwe und Nordirland. 1981 trat er den Tories bei, 1992 zog er als Abgeordneter für Chingford ins Unterhaus ein. In Hagues Schattenkabinett war er für Verteidigung zuständig. Duncan Smith ist verheiratet und hat vier Kinder. Nach seiner Wahl sagte er: „Die Partei und ihre Mitglieder haben mich mit einer großen Ehre ausgezeichnet.“ Er sei mit Clarke übereingekommen, sich nach der Wahl gegenseitig zu unterstützen, wie das Ergebnis auch ausfallen möge, hatte Duncan Smith während der Wahlkampagne gesagt. Das erscheint unwahrscheinlich, denn der Wahlkampf wurde in den vergangenen drei Monaten mit harten Bandagen ausgefochten. Beide versuchten, den Gegner durch gezielte Indiskretionen zu schwächen. Clarkes Schwachpunkt war seine Verbindung zum Tabakkonzern British American Tobacco, dem Zigarettenschmuggel im großen Stil nachgesagt wird. Bei Duncan Smith war es die enge Verbindung zu den Neonazis der British National Party, der einige seiner Berater angehörten. Clarke drückte seine Verachtung für Duncan Smith und seinen rechten Konservatismus aus, der die Tory-Politik bisher beherrscht habe. Die Tories hätten im Juni zu Recht eine Wahlniederlage einstecken müssen, sagte Clarke: „Ich stimme meinen Mitbürgern in dieser Hinsicht voll zu.“

Britanniens Premierminister Tony Blair wird seine Freude über Duncan Smith’ Wahl kaum verhehlen können. Seine Wiederwahl in vier Jahren scheint damit gesichert.