„Nur der Mittelstand kam nicht“

■ Interview mit einem Aussteller auf der Fachausstellung „Mittelstand online“ über die Erfolgs-Meldung der Bremer Messe-GmbH: „Es war einfach nichts los“

taz: Mittelstand online war ein großer Erfolg, hat die Bremer Messegesellschaft mitgeteilt, im nächsten Jahr soll sie in größeren Hallen stattfinden. Ihre Firma ,Ecom-webdesign' hatte einen Stand – haben Sie Kundenkontakte gewonnen?

Marco Sablotzki, Ecom: Wir haben 36 Visitenkarten eingesammelt, davon haben wir die meisten Gesprächspartner aber praktisch vom Gang gezogen, weil es uns langweilig war am Stand.

War es unterm Strich ein Erfolg?

Nein, sicherlich nicht. Es war viel zu wenig los auf der Messe. Es waren zu wenige Besucher da, und die wenigen, die da waren, waren oft von Kollegenfirmen. Der Bremer Mittelstand ist nicht gekommen. Die meisten Aussteller hatten sich gleichzeitig auch nicht darauf vorbereitet, sich speziell dem Mittelstand zu präsentieren. Laien, die mal ins Gespräch kommen wollten, wären nur verwirrt gewesen auf dieser Messe. Die meisten Stände sahen so aus, als wären sie für die Internet World oder die Cebit gemacht und so hier einfach wieder aufgebaut worden.

In der Bilanz der Messe-Gesellschaft heißt es: „Die Aussteller waren weit überwiegend zufrieden. Besser kann die Bilanz einer Erstveranstaltung nicht ausfallen.“

Falsch, ganz sicherlich. Ich habe mit vielen Ausstellern gesprochen, weil dafür viel Zeit war, und ich habe keinen zufriedenen Aussteller getroffen. Auf allen Ständen hat man sich gegenseitig in der Nase gebohrt. Es war einfach nichts los.

Nie wieder Mittelstandonline?

Die Idee der Messe ist ja nicht schlecht. Aussteller wie Veranstalter müssen aber noch eine Menge lernen. Die Stände waren zu verwirrend. Und die Messe muss lernen, wie man den Mittelstand erreicht. Es ist eigentlich genau unsere Messe, ich fühlte mich da im Prinzip wohl, nur: Es war niemand da. Dadurch ist die Messe nächstes Jahr gefährdet.

Nächstes Jahr Halle 5, sagt die Bremer Messe-GmbH.

Die ist dreimal so groß – da frage ich mich: Kommen denn da die Aussteller überhaupt? Viele der Aussteller haben mir gesagt: Das mache ich nicht wieder mit. Da sind Firmen aus München angereist!

Was kostet so eine Messebeteiligung?

Unter 10.000 Mark kommt man nicht aus, wenn man am Ort wohnt und wie wir im Prinzip mit dem Fahhrrad zum Messegelände fahren kann. Wer aus einer anderen Stadt kommt und hier Hotelkosten hat, zahlt erheblich mehr. Personal fällt mindestens für drei Tage aus, die Standpreise sind nicht gerade billig.

Viele hatten aber Discount erhalten.

Die Mitgliedsfirmen des Vereins Bremen-Multimedial haben weniger als die Hälfte des offiziellen Preises bezahlt. Diejenigen, die am Stand von Bremen-Multimedial als Untermieter praktisch zwei Meter genommen haben und dafür 5.000 Mark zahlen sollten, waren ziemlich sauer, als sie das gehört haben. Da soll es die Androhung von Bremen Multimedial gegeben haben, den Stand wieder zurückzuziehen.

Die Mesesegesellschaft hat erklärt: „Die prognostizierten Besucherzahlen von 2.500 wurden sogar leicht übertroffen“, nämlich um 360.

Vorher hat die Messe von mindestens 3.000 Besuchern gesprochen. Auf drei Tage verteilt ist das nicht viel. Jeder der 125 Aussteller hat 50 Freikarten bekommen. Wenn auch nur die Hälfte der Freikarten verteilt worden wäre, käme man schon auf mehr als 3.000 Besucher. Ich frage mich auch, ob nicht in dieser Zahl die Schüler und Studenten mitgerechnet sind, die in Bussen gebracht wurden.

Wieviele voll zahlende Besucher es gab, wollte die Messe-GmbH nicht mitteilen...

Die im Weser Kurier veröffentlichte Zahl von 2.500 gilt unter Ausstellern als Lachnummer. Ich weiß nicht, warum die Zeitung so was verbreitet. Vielleicht weil sie auch ausgestellt hat. Die Messe war eine riesen Enttäuschung. Dazu kann man doch stehen und sagen: Wir müssen daraus lernen. Wenn die Messegesellschaft sagt: Die Messe war ein Erfolg, dann schafft das kein Vertrauen.

Fragen: K.W.