Pfiffikus für Sachsen

Erst war er Biedenkopfs Duzfreund, dann fiel der kompetente Finanzminister Milbradt in Ungnade

BERLIN taz ■ Er hätte Biedenkopf wohl am liebsten umarmt. Doch dazu hatte der 71-Jährige keine Lust. Er will für Georg Milbradt nicht das Maskottchen abgeben – und wehrt deshalb dessen Annährungsversuche beim CDU-Parteitag in Glauchau ab. „Ich habe zwar manches Kilo, aber nie ein böses Wort verloren“, erzählte Milbradt in den vergangenen Wochen überall. Der 56-Jährige will 2004 zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Da braucht er den populären Rivalen.

Eigentlich hatten sie sich gut verstanden. Milbradt kam wie Biedenkopf aus NRW, wo er Stadtkämmerer in Münster war. Als einer von wenigen Ministern durfte er den Regierungschef duzen und es kam oft vor, dass Milbradt nach der Kabinettssitzung noch auf einen Kaffee mitdurfte. Biedenkopf mischte sich in die Politik der Bundes-CDU ein, während Finanzminister Milbradt den Statthalter in Dresden machte. Der Minister verordnete dem Land einen strengen Sparkurs. Seine Verhandlungspartner brachte er durch Detailkenntnis zur Verzweiflung. Er hat ein so gutes Gedächtnis, dass er ganze Zugfahrpläne auswendig herbeten kann. Dass er sich durchsetzte, bestärkte ihn. Das Kreischen der Sparopfer schwoll an. Am Ende nervten die Konflikte auch Biedenkopf. Als er Milbradt Anfang des Jahres dann im Mittelpunkt eines gescheiterten Putschversuches gegen den bisherigen Landeschefs sah, feuerte er ihn. Seither werden herrliche Legenden über den Milbradt-Hass von Kurt Biedenkopf und seiner Frau Ingrid kolportiert. Die schönste davon spielt in der gemeinsamen Zeit nach der Wende, als Regierungschef und Minister in einer Art WG wohnten: Am Tisch die Biedenkopfs. Milbradt, unausgeschlafen, öffnet – zisch! – ein Bier aus dem gemeinsamen Kühlschrank, das er zu Ingrids Ärger nie pünktlich bezahlt haben soll. So einer darf doch nicht der Thronerbe sein. LÖW