Peking spendiert dem finanzschwachen Berlin ein Fest

Die gestern eröffneten Asien-Pazifik-Wochen lässt sich das Partnerland China doppelt so viel kosten wie der Berliner Senat. Heraus kommt ein Chinabild nach Pekings Gusto. Erst in allerletzter Minute haben die Bündnisgrünen es noch versucht und geschafft, wenigstens einige kritische Veranstaltungen zum Thema Menschenrechte ins Programm zu hieven

Gäste aus China sitzen allerdings nicht auf allen Podien, vor allem nicht auf politischen

Bundeskanzler Gerhard Schröder, zwei chinesische Minister und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit haben gestern vormittag im Schauspielhaus die dritten Asien-Pazifik-Wochen eröffnet. Diesjähriges Schwerpunktland ist die Volksrepublik China. Wowereit nannte die Veranstaltungsreihe eine „Brücke zwischen den Kontinenten“. Das darin enthaltene China-Fest sei die „umfangreichste und vielfältigste jemals im Ausland gezeigte Präsentation von chinesischer Kultur“.

Der Kanzler sprach vor allem über die Terroranschläge in den USA. Er forderte bei der Reaktion „Festigkeit und Entschlossenheit“ und warnte vor „Lähmung und Pessimismus“. Gefragt sei auch die Wirtschaft. So dürfe das, was bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit China erreicht worden sei, nicht preisgegeben werden. Chinas Informationsminister Zhao Qizheng nannte die Asien-Pazifik-Wochen „einen Beitrag zur Förderung von Weltfrieden und Freundschaft“. Bis Ende September sind in Berlin 230 Veranstaltungen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur zum Reich der Mitte und 15 anderen Ländern von Australien bis Vietnam geplant.

Höhepunkte sind aus Sicht des Senats ein europäisch-chinesischer Wirtschaftskongress und das zweiwöchige China-Fest. An dem heute beginnenden Wirtschaftskongress nehmen deutsche und chinesische Minister und einige Konzernchefs teil. Darüber hinaus gibt es in den nächsten zwei Wochen zu fast jedem der vertretenen Länder einen so genannten Wirtschaftstag, an dem entsprechende Kontakte geknüpft werden können. Er wolle, „dass die Region in das Interesse der deutschen und Berliner Wirtschaft rückt – nicht nur bei der Großindustrie, sondern auch beim Mittelstand“, hatte Wowereit bei einer Pressekonferenz in der vergangenen Woche gesagt.

Zum China-Fest, das Veranstaltungen mit traditioneller und moderner chinesischer Kultur bietet, sind eigens 500 chinesische Künstler nach Berlin gekommen. Schon seit Tagen schmücken Lampions, Drachen und Fahnen im chinesischen Stil Teile der Innenstadt. Nach Angaben des chinesischen Gesandten Sun Rongmin werden erstmals Buddha-Statuen aus dem sechsten Jahrhundert im Ausland gezeigt. Sie waren erst 1996 bei Bauarbeiten in Qingzhou (Shandong) entdeckt worden.

Durch das hochkarätige Programm sei laut Wowereit das Budget in Gefahr geraten. China sei jedoch eingesprungen und habe die Kosten übernommen. Er lobte die „honorarfreie und schlüsselfertige Anlieferung chinesischer Produktionen“. Pekings Gesandter Sun bemerkte, dass der chinesische Beitrag mit rund sechs Millionen Mark doppelt so hoch sei wie der Berlins.

Nach Angaben der Senatskanzlei stammt Berlins Beitrag für die Veranstaltungen überwiegend aus Lottomitteln. Wowereit bezeichnete die Reihe als „Public Private Partnership“ (PPP). „Wir sind nur der Koordinator“, so Wowereit. Private und institutionelle Organisatoren würden die meisten Veranstaltungen auf eigene Kosten und Verantwortung durchführen. Mit den Lottomitteln hat der Senat jedoch in diesem Jahr so viel Geld zur Verfügung wie nie zuvor.

Wie schon bei früheren Asien-Pazifik-Wochen dominieren Wirtschaftsthemen und eher gefällige Kulturangebote. Da die Regierung in Berlins Partnerstadt Peking dem klammen Senat schon das Gros der China-Veranstaltungen bezahlt, hat dieser zunächst darauf verzichtet, für Ausgewogenheit zu sorgen. Im Programm dominiert ein Chinabild nach Pekings Gusto. Kontroverse, aber zukunftsrelevante oder kritische Themen wie politische Reformen, internationale Sicherheit, Menschenrechte, Tibet, Taiwan oder Falun Gong sucht man im Programmheft vergeblich. Organisationen wie etwa amnesty international haben allerdings auch versäumt, sich selbst einzubringen.

Anfang August hatte der neue rot-grüne Senat noch versucht, kritische Veranstaltungen ins vom schwarz-roten Vorgänger geplante Programm zu bekommen. Von der taz befragt, sagte Wowereit, es hätte keiner anderen Schwerpunktsetzungen bedurft, „allenfalls Ergänzungen“. Auf Initiative von Bündnis 90/Die Grünen gelang es, zwei Veranstaltungen zum Frauenenhandel in Südostasien und zu deutschen Bürgschaften für Umweltzerstörung in Indonesien zu organisieren. Und gestern kündigte die von einem grünen Politiker geführte Senatsverwaltung für Justiz noch ganz kurzfristig eine Veranstaltung an zum Thema: „Der lange Weg Chinas zur Rechtsstaatlichkeit“. Gäste aus China sitzen allerdings nicht auf dem Podium.

Die chinesische Regierung lieferte Produktionen „honorarfrei und schlüsselfertig“

Vor dem Schauspielhaus protestierten gestern 30 Anhänger der in China unterdrückten Sekte Falun Gong. Im Lotussitz demonstrierten sie zu Meditationsmusik und verwiesen mit Fotos Getöteter auf die „274 durch die chinesische Regierung ermordete Falung Gong Praktizierende“.

Weitere Demonstranten kamen von der Tibet Initiative Deutschlands und der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius kritisierte, dass bei der Veranstaltungsreihe für Pekings Programm für Investitionen in Westchina geworben werde. Dort lebten Tibeter und Uiguren, die bereits heute mit schweren Menschenrechtsverletzungen konfrontiert seien. Ihnen drohe mit der Erschließung, Besiedelung und Industrialisierung ihrer Gebiete durch Han-Chinesen eine weitere Marginalisierung. SVEN HANSEN

Das ausführliche Programm im Internet: www.apforum.de, www.chinafest-berlin.de