Arafat friedfertig

Palästinenserpräsident erklärt einseitige Waffenruhe, und Israel zieht nach: Vor US-Reise kann Fischer ersten Erfolg seiner Intervention feiern

BERLIN taz ■ Gestern Nachmittag vollführte Joschka Fischer eine jener Pirouetten, wie sie in der Diplomatie manchmal üblich sind: Der Bundesaußenminister begrüßte vor laufenden Kameras einen politischen Durchbruch, an dessen Zustandekommen er selbst maßgeblich beteiligt war. Palästinenserpräsident Jassir Arafat hatte zuvor einen einseitigen Waffenstillstand erklärt – und nur Stunden später kündigte ein Sprecher von Israels Verteidigungsminister Benjamin Ben Elieser an, die israelische Armee wolle alle Militärangriffe gegen die Palästinenser einstellen.

Zwei Tage hatte Fischer mit Politikern der Region und darüber hinaus telefoniert, ehe sich Arafat zu seinem Schritt entschloss. Seit Fischers letzten zwei Missionen in Nahost verfügt er dort über einiges Gewicht. Zu seinen Telefonpartnern gehörten neben palästinensischen Vertretern und Israels Außenminister Schimon Peres auch der EU-Repräsentant für Außenpolitik Javier Solana und Russlands Außenminister Igor Iwanow.

Zu den Zuhörern bei Arafats Auftritt in Gaza gehörten daher nicht nur die Kommandeure seiner eigenen Sicherheitskräfte, sondern auch 35 ausländische Diplomaten. Der PLO-Chef sagte außerdem zu, er werde den USA alle seine Kräfte zur Verfügung stellen.

Bedeutungsvoll ist der Durchbruch vor allem für die USA, wohin Fischer gestern Abend aufbrach. Wenn die PLO und die Regierung Scharon ihre Zusagen einhalten, dann steigen die Chancen für die Versuche von US-Außenminister Colin Powell, eine Anti-Terror-Koalition unter Einschluss arabischer Staaten zu bilden, wie sie während des Golfkriegs gegen den Irak bestand.

Die Amerikaner waren nicht direkt eingeschaltet, doch Fischer beruft sich auf die ausdrückliche US-Unterstützung für sein Nahost-Engagement: „Schon nach dem ersten Gespräch, das ich (nach dem Angriff vom 11. September) mit Colin Powell hatte, wurden wir aufgefordert, weiter aktiv zu bleiben.“ Die PLO war nach dem Anschlag auf das World Trade Center zunehmend in die Defensive geraten, weil Fernsehbilder jubelnder Palästinenser weltweit auf Entsetzen stießen. Man habe die PLO überzeugen müssen, jetzt „ihre Hemdbrust aufzureißen“, hieß es in Berlin, sonst wären sie für die Anti-Terror-Koalition verloren gewesen.

PATRIK SCHWARZ