Ein verlässliches Bündnis

■ Gewerkschaftskritik an Erweiterung der Verlagsgrundsätze des Axel-Springer-Verlags um die Unterstützung der NATO

Beim Hamburger Axel-Springer-Verlag wurde immer schon viel Wert auf die Gesinnung gelegt. „Die Verteidigung der freien sozialen Marktwirtschaft“ gehörte zum Beispiel zu den vier Leitlinien, die dem Verlagsgründer so wichtig waren, dass er sie verpflichtend für alle Mitarbeiter festschrieb. Nach den Anschlägen in den USA hat der Verlag seine Unternehmensgrundsätze erweitert: „Die Unterstützung des transatlantischen Bündnisses und die Solidarität in der freiheitlichen Wertegemeinschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika“ gehören ab sofort zu den Prinzipien, die Mitarbeiter bei ihrer Einstellung unterzeichnen.

Von dieser Ergänzung der Grundsätze wurden die Redaktionen zuvor nicht informiert. Das hat, so der Flurfunk, unter Mitarbeitern zu Diskussionen geführt. Für Unternehmenssprecherin Carola Schmidt ist das nicht ganz nachvollziehbar: Es handele sich „um ein Zeichen der Solidarität und der Freundschaft“, sagt sie, dessen Verabschiedung ohnehin für die nächste Hauptversammlung vorgesehen war.

Neben dem Bekenntnis zur Marktwirtschaft hat Springer von seinen Mitarbeitern bisher verlangt, „jegliche Art von politischem Totalitarismus abzulehnen“, für den freiheitlichen Rechtsstaat Deutschland als Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft und „die Förderung der Einigungsbemühungen der Völker Europas unbedingt einzutreten“ und für das „Herbeiführen einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen“ zu sein. Jetzt kommt also faktisch die Unterstützung der NATO hinzu, für Schmidt keine Einschränkung der Unabhängigkeit: „Unsere Journa-.listen werden genauso kritisch berichten wie vorher.“

Die Gewerkschaften sehen das wesentlich kritischer. Für Siegfried Weischenberg, Leiter des Institutes für Journalistik an der Uni Hamburg und Bundesvorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbandes, hat das Erweitern der Grundsätze „einen hochgradig symbolischen Charakter – und Medien sollten mit Symbolen sehr, sehr vorsichtig sein“. Weischenberg betont gegenüber der NetZeitung: „Medien haben nicht die Funktion, jedwede Art von Politik zu legitimieren – auch in diesen Tagen nicht.“ Zudem sagt er: „Solidarität mit den Opfern – dergleichen braucht doch niemand den Journalisten ins Gebetbuch zu schreiben.“ Peter Ahrens