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Kein großer Fang im Netz

Behörden und Medien fischen weltweit das Umfeld der mutmaßlichen Attentäter ab. In Berlin und Hamburg laufen Rasterfahndungen an. Doch der große Erfolg fehlt noch

BERLIN taz ■ Frankfurt am Main, Hamburg und London als Hochburgen des Ussama Bin Laden. In einem Labor in Tschechien kauften seine Anhänger den Milzbranderreger und andere giftige Bakterien zur Herstellung biologischer Waffen. Sie planten einen Giftgasanschlag auf das Hauptquartier der Nato in Brüssel, einen auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg. Der US-Senator Bob Graham nennt den 22. September als Datum für weitere geplante Anschläge. Und immer wieder gerät der Irak in Verdacht.

Wahrheit, Fantasie, Kalkül der Geheimdienste? Die internationalen Spuren aus Datenbanken der Fluggesellschaften, der Grenz- und Meldebehörden, Universitäten, Wohnungs- und Autovermieter nähren Spekulationen. Das erzeugt Reaktionen. Tschechien richtete Expertenteams ein. In Mexiko wurden 100 illegal eingereiste Araber arretiert. Wer viel reist, große Summen bar zahlt, ist sowieso verdächtig. Die Hamburger Behörden haben eine Rasterfahndung angeordnet, bei der die Ermittler den Computer mit Daten eines größeren Personenkreises füttern und auf bestimmte Merkmalskombinationen achten. Auch in Berlin läuft offensichtlich eine Rasterfahndung an. Das Landeskriminalamt verlangte von der Technischen Universität, Daten von 400 Studenten aus zwölf arabischen Staaten herauszugeben, wie die Hochschule der taz bestätigte. Die Universität verweigerte die Daten allerdings.

Die Welt bezog sich gestern auf einen „Geheimbericht“, nach dem ein libanesischer Kaufmann in Frankfurt Drahtzieher der Attentate sein soll. Doch die Bundesanwaltschaft dementierte, dass Verbindungen der aus Deutschland in die USA eingereisten Todespiloten zu Bin Laden erwiesen seien, und verordnete Funkstille.

In den USA wurden inzwischen 75 Personen verhaftet, die als „unentbehrliche Zeugen“ bezeichnet wurden. Knapp 200 weitere Namen stehen auf einer Fahndungsliste, 47.000 Spuren werden geprüft. Das FBI erhofft sich Aufschluss aus dem Internet. Unter Verdacht stehen auch Nutzer der Webside www.qoqaz.de, auf der Muslime zum „heiligen Krieg“ aufrufen. Anbieter ist ein Londoner Verlag, der Bin Laden nahe stehen soll.

Republikanische Abgeordnete in den USA fordern nun ein Verbot von Verschlüsselungssoftware. Störrische Provider, schlug der britische Militärhistoriker John Keegan präventiv vor, sollten „davon ausgehen müssen, dass ihre Gebäude durch Cruisemissiles zerstört werden“. Bin Laden, schrieb die New York Times, sei so nicht zu überführen. Er traue dem Internet nicht und setze auf Boten. HEIDE PLATEN

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