Den? Oder den? Die Wahl haben Sie.

■ Der Titelverteidiger und sein Herausforderer: SPD-Bürgermeister Ortwin Runde und CDU-Spitzenkandidat Ole von Beust geben ihre letzten Interviews vor der Wahl in der taz

taz: Gehen Sie davon aus, Herr Runde, dass Sie über den Wahlsonntag hinaus Hamburger Bürgermeister bleiben?

Ortwin Runde: Davon gehe ich felsenfest aus. Wir haben vier Jahre gute Arbeit für Hamburg gemacht, das wird sich auszahlen. Bereiche, in denen wir sehr erfolgreich sind, wie Infrastrukturprojekte und Innere Sicherheit, kann man nicht anderen überlassen. Soziale Sicherheit, neue Arbeitsplätze, Verlässlichkeit – dafür stehe ich. Und ich habe noch richtig Lust aufs Regieren.

Stichwort Infrastruktur: Die Krise in der Flugzeugindustrie nach den US-Attentaten könnte auch Airbus und damit Hamburg treffen. Halten Sie es noch immer für richtig, 1,3 Milliarden Mark auf die eine wirtschaftspolitische Karte A380 gesetzt zu haben?

Ja. Airbus hat mir bestätigt, dass das Projekt A380 mit voller Kraft weiterbetrieben wird. Diese schreckliche Terrortat hat sicherlich im Moment Auswirkungen. Luftfahrtindustrie ist aber ein Sektor, in dem man in Jahrzehnten denken muss. Zudem haben wir nicht nur die eine Karte gesetzt, sondern auch auf die Neuen Medien, auf die Renaissance des Industriesektors in Hamburg, auf den Ausbau des Hafens. Und alle Karten haben gestochen.

Bei der Inneren Sicherheit ist die SPD auf dem besten Weg, selbst einen Schill rechts zu überholen.

Wir nehmen die Besorgnisse und Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger ernst. Das zeigen unsere Maßnahmen im Bereich der Jugend- und der Drogenkriminalität. Und das zeigt sich auch jetzt im entschiedenen Handeln gegen terro-ristische Bedrohung.

Mit repressiven Maßnahmen wie die Rasterfahndung, welche die Unschuldsvermutung durch den Generalverdacht ersetzt.

Da sind Sie fundamental im Irrtum. Vorverurteilungen ethnischer oder religiöser Gruppen wird es nicht geben. Wir sorgen für das friedliche Miteinander der Kulturen in dieser Stadt, allerdings auch mit klaren Maßnahmen gegen die Unfriedlichen.

Warum geben altlinke Sozialdemokraten wie Sie in Krisenzeiten immer wieder dumpfen Stimmen der Intoleranz und Repression nach?

Das tue ich nicht, das tut auch meine Partei nicht. Aber wir können nicht die Augen davor verschließen, dass am 11. September eine neue Qualität internationaler terroristischer Bedrohung offenbar wurde. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten von der Politik, dass diese entschieden dagegen vorgeht. Genau das tun wir.

Und Sie glauben, das reicht doch noch, um nach der Wahl für weitere vier Jahre Bürgermeister einer rot-grünen Koalition sein zu können.

Rot-Grün wird den nächsten Senat stellen, und der Bürgermeister wird Ortwin Runde heißen. Wer Schill nicht will, muss SPD oder GAL wählen und nichts anderes.

Und falls es eine Ampelkoalition geben sollte?

Es gibt Rot-Grün.

Oder eine Große Koalition?

Rot-Grün.

Und falls doch der Bürgerblock gewinnen sollte?

Dann würde dieses Bündnis der Schwäche großen Schaden in dieser Stadt anrichten. Das wissen die Bürgerinnen und Bürger, und deshalb wird es dazu nicht kommen. Der Wahlsieger wird rot und grün sein. Interview: Sven-Michael Veit

taz: Zu Beginn des Wahlkampfes lag die CDU bei 30 Prozent, zum Schluss bei 28. Warum, Herr von Beust, machen Sie überhaupt Wahlkampf?

Ole von Beust: Das kann man erst sagen, wann man das Endresultat kennt. Und ich bin überzeugt, dass das Ergebnis einen Wechsel ermöglicht.

Sie glauben also noch dran.

Ich gehe fest davon aus, dass Rot-Grün morgen Abend keine Mehrheit mehr hat. Lassen Sie uns den Sonntag einfach mal abwarten.

Seit dieser Woche legen SPD und GAL wieder zu. Ist die CDU die Verliererin, was die Auswirkungen der Ereignisse in den USA anbetrifft?

Nein. Aber ich lehne es nach wie vor ab, darüber zu spekulieren, ob und wie sich die furchtbaren Geschehnisse in den USA hier ausgewirkt haben.

Aber in dieser Woche haben Sie gemeinsam mit der FDP eine Pressekonferenz zur Inneren Sicherheit gegeben, wo Sie sich zumindest dem Verdacht ausgesetzt haben, die Ereignisse parteipolitisch auszuschlachten. Die SPD hat das „den moralischen Tiefpunkt des Wahlkampfes“ genannt.

Das sind Entgleisungen, wie sie in der letzten Zeit bei der SPD leider typisch geworden sind.

Aber Sie haben damit doch auch Ihr parteipolitisches Süppchen gekocht.

Nein. Wir haben Vorschläge zur Inneren Sicherheit gemacht, die nach vorn gerichtet sind und nicht rückwärts gewandt. Das wäre mir auch zu plump. Herr Scholz hat ja im Übrigen schon einen Tag zuvor ähnliche Vorschläge zur Inneren Sicherheit unterbreitet.

Wenn Olaf Scholz Innensenator der CDU wäre, wäre die Innenpolitik eine andere?

Sie wäre zumindest beständiger.

Sie haben sich schon früh auf Schill als möglichen Partner festgelegt. War das nicht ein Fehler?

Es war richtig, sich so früh festzulegen. Mir war klar, dass es rechnerisch ohne die Schill-Stimmen nicht gehen würde. Und dann finde ich es besser, das auch den Leuten frühzeitig zu sagen als das zu verleugnen und hinterher plötzlich festzustellen: April, April.

Die CDU hätte Schill ja auch als politischen Gegner betrachten können und das Thema Innere Sicherheit selbst besetzen.

Das haben wir ja auch getan. Aber Schill hat zusätzlich den Richterbonus bei den Menschen, er erscheint als einer, der handelt, während wir Politiker nur reden.

Wieviel Prozent erhält die CDU morgen?

Ich wage keine Prognose, aber bin sicher, dass eine 3 vorne stehen wird.

Und in drei Jahren sitzen Sie im Europaparlament.

Dann sitze ich auf dem Bürgermeisterstuhl.

Interview: Peter Ahrens

Hamburg-Wahl: Schwerpunktthema Seite 7