Du abgelaufener Bananenshake

■ Nicht nur Schimpfwörter lernt man beim neuen Moks-Stück „Zwei Monster“. Mit viel Witz und zurückhaltenden Mitteln ist aus dem Kinderbuch-Klassiker ein bezauberndes Bühnenstück geworden

Wie kann man nur so schön einschlafen. Das blaue Monster legt sich sein Kissen zurecht, bettet liebevoll den rechten Fuß darauf, entspannt sich, die Arme fallen sanft zur Seite. Das rote Monster auf der anderen Seite des Berges legt sein Kissen zurecht, bettet seinen Kopf darauf, streckt seinen großen roten runden Po in die Luft, seufzt, entspannt sich, überlässt seinen Hintern der Schwerkraft.

Dann glucksen und seufzen die beiden im Schlaf, der große blaue Kerl und der rote, die Hauptfiguren im neuen Stück des Moks-Theaters „Zwei Monster“. Sie wohnen zu beiden Seiten des Monsterberges, den noch kein Bergsteiger erklommen hat – aus Angst vor den Monstern natürlich. Die sind aber eigentlich gar nicht gefährlich, obwohl sie sich die größte Mühe geben. Frühsport gehört zu diesen Mühen. Kissenlupfen mit einem Fuß, Schüsselnheben, FlicFlac vorwärts und rückwärts zugleich, Karate auf dem Kopf. Natürlich, die beiden schummeln wie die Kinder. Können sie auch, es sieht ja keiner, dass sie in Wirklichkeit gar keinen FlicFlac gemacht haben, sondern einfach nur übers Kissen gehopst sind.

Keiner außer den Kindern und Eltern, die sich bei der gestrigen Generalprobe schon mal davon überzeugen durften, dass man mit ganz wenigen und gut platzierten Mitteln eine zauberhafte Stunde Theater machen kann: zwei gut ausgepolsterte Schauspieler, ein Berg aus Pappe, ein bisschen Musik und ein bisschen Text, ein einfaches Bühnenbild, das gleichwohl die Sterne zeigt, als wären sie echt, eine Sonne mit frechen Liedern und gelben Puscheln in der Hand. Man merkt dem Stück an, dass ein Bilderbuch Vorbild war. Einer der bekanntesten Streitfälle der Kinderliteratur, „Du hast angefangen! Nein du!“ von David McKee spricht auch nach der Bearbeitung durch Gertrud Pigor und in der Inszenierung von Klaus Schumacher noch durch die Kraft dieser Bilder. Jedenfalls solange das Leben für die beiden Monster seinen Gang geht und die beiden ohne größere Zwischenfälle ihren geliebten Berg wienern können und sich über ihr Steintelefon über den wunderschönen Sonnenuntergang verständigen. „Die Nacht geht!“. „Ach was, erzähl keinen Quatsch, der Tag kommt, du Pflaume“. So. Nun ist es um die Ruhe geschehen. Jetzt sprechen nicht mehr nur die Bilder, jetzt sprechen die Monster. Und wie. Und was: Fruchtzwerg, Karatekartoffel, abgelaufener Milchshake, Erbsenhirn, schimmeliger Käseklops – die Tiraden fliegen über den Berg und zurück aber, wie man weiß: beim Streit zwischen Monstern ist es mit Worten nicht getan. Das rote Monster (Hermann Book) beginnt, die Steine aus dem Berg zu lösen, das blaue (Martin Leßmann) machts ihm nach. Ein dolles Spektakel, das gottlob nicht pädagogisch verworfen wird sondern als lustvoller Spaß daherkommt und vom kleinen Publikum ordentlich angefacht wird. Die Sonne (Maureen Havlena) singt noch mal „Ich bin ein Phänomen, mein Untergang ist schön“ und packt dann ihre Puschel weg. Sie macht den Ringrichter für die beiden Streithähne. Worauf die Sache rausläuft, ist klar: Die Monster stoßen beim Abtragen der Felsbrocken Hintern an Hintern, der Berg ist weg, sie sehen sich zum ersten Mal. Und plötzlich wird beiden klar, wie die Ansicht des anderen zustande kam. Da geht der Tag, sagen sie und drehen sich zur anderen Seite des zerstörten Berges: „Und da kommt die Nacht“. Es ist eben alles eine Frage der Perspektive und aus der Perspektive dieses schönen Stündchens Theater kommt einem die Botschaft gar nicht abgeschmackt vor. Elke Heyduck

Premiere ist heute um 16 Uhr im MOKS (Goetheplatz). Weitere Vorstellungen im September: 28./29.30., jeweils 16 Uhr