: Verbal den Körper knuffen
Trophotraining führt in sieben einfachen Schritte zum körperlichen und mentalen Wohlbefinden. Benannt wurde diese Methode nach der physiologischen Regenerationsphase des Körpers
von BRIGITTE WERNEBURG
Manchmal tut es ganz gut, wenn man seinen Körper knufft und ihm bedeutet, dass er ein gutes, verlässliches und brauchbares Maschinchen ist. Das ist natürlich die laienhafte Tour. Aber den Körper freut’s trotzdem. Wer’s ausprobiert merkt, es funktioniert und es bedarf dazu wahrlich keines großen Aufwands.
Dr. Jakob Derbolowsky geht die Sache weniger kumpelhaft an. Er spricht zum Beispiel mit seinem „lieben linken Arm.“ Und sagt ihm: „Du bist ganz schwer und warm.“ Dieser Satz ist als Kompliment, als Aufmerksamkeit gedacht. Der Therapeut, der von Hause aus Gynäkologe ist, erklärt daher, dass mit dieser Formel nichts aktiv bewirkt werden soll. Man soll also nicht versuchen nachzuprüfen, ob der Arm schwer und warm wird, ob man das Gewicht oder die Wärme des Arms spürt. Das wird zwar beim üblichen autogenen Training oft als wünschenswert betrachtet, doch bei der Methode von Dr. Derbolowsky ist dieses Verhalten dem erreichbaren Ergebnis nicht förderlich.
Sie hat also ihre ganz spezielle eigene Raffinesse, die Technik, die Jakob Derbolowsky zusammen mit seinem Vater, dem Arzt und Psychotherapeuten Dr. Udo Derbolowsky entwickelte. Dass manche Elemente an das autogene Training erinnern, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass der Vater vor 50 Jahren mit dem Begründer des klassischen autogenen Trainings, Prof. J. H. Schulz, wissenschaftlich zusammenarbeitete.
Vielleicht könnte man ihr Training ein Konzentrat klassischer Entspannungs- und Stärkungstechniken nennen. Es ist, so Jakob Derbolowsky, „eine den heutigen Bedürfnissen angepasste, zielorientierte Entspannungsmethode“, die er in Anlehnung an die trophotrop bezeichnete physiologische Regenerationsphase des Körpers Trophotraining nannte.
Wesentliches Element des Trophotrainings ist der extrem geringe Aufwand, den es benötigt. Es ist eben der kleine, kurze Knuff, den Seele, Geist und Körper brauchen. Freilich ist er in sieben wohldurchdachte, leicht zu lernende Übungen aufgeteilt, die kaum mehr als eine Minute Zeit beanspruchen. Die Sache mit dem Arm ist zum Beispiel schon die vierte Übung. Die erste setzt mit der Wahrnehmung der eigenen Atmung ein. Auch hier geht es wieder darum, nicht bewusst Atem zu holen, sondern einfach zu schauen, wie das Atmen geschieht. Der zweite Schritt besteht aus einer Visualisierungstechnik, die die Grundlage dafür schafft, dass der Übende sich besser zu sich selbst und seiner Umgebung stellt. Es könnte der wichtigste Schritt sein, denn sich richtig in die Welt zu stellen, sich nicht immer abzuwerten oder künstlich aufzuwerten, ist wohl der Weg, der im Alltagsleben die größte Entspannung bringt. Dann können auch die weiteren Visualisierungen und Selbstsuggestionen greifen, weil in ihnen nicht übertrieben werden muss und nichts erzwungen werden soll. Nicht Wunschträume, sondern Selbstbeobachtungen sind ihre Grundlage.
Eigentlich ist es daher falsch, von Selbstsuggestion zu sprechen. Mein lieber Leib, du bist strömend warm, oder meine liebe Stirn, du bist angenehm kühl – das beschreibt nur den entspannten Körper. Dass es freilich gut und wichtig ist, diesen Zustand bewusst wahrzunehmen, das erweist sich schnell für den, der das Trophotraining praktiziert. Immer wieder erwähnt der Arzt und Psychotherapeut aus Germering bei München die kindliche, naiv anmutende Sprache, die er für die Bilder- und Gefühlssprache seiner Übungen benutzt. Er gesteht zu, dass es für den Trainierenden schwierig sein könnte, sie zu übernehmen. Aber es spricht auch nichts dagegen, seine eigene Übersetzung dafür zu finden. Sie muss nur mit positiven Gefühlen verbunden sein. Wer lieber Kumpel als Kind ist, der darf sich also knuffen. Dann findet man Gelassenheit, Frische und unbekannte Zugänge zu neuen Kraftquellen, kurz: den Zustand der Eutonie, der Wohlspannung.
Veranstaltungen, Seminarreisen und weitere Informationen: www.trophotraining.de
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