Staat haftet für Luftterror

Versicherungen der Fluglinien kündigen wegen zu großen Risikos die Verträge über Kriegsschäden. Die Bundesregierung übernimmt deshalb vorerst das Risiko

BERLIN taz/dpa/rtr ■ Das finanzielle Risiko für Schäden nach Terrorangriffen auf Flugzeuge trägt vorerst der Staat. Bis zum Abschluss neuer privater Versicherungsverträge werde die Bundesregierung einspringen und die Gewährleistung für deutsche Flugzeuge übernehmen. Eine europäische Regelung werde angestrebt. Das erklärte gestern Abend das Bundesfinanzministerium. Damit entspricht die Regierung einer Forderung der Fluggesellschaften, die mit der Streichung ihrer Flüge gedroht hatten, weil sie keinen ausreichenden Versicherungsschutz mehr bekommen konnten.

„Eine privatwirtschaftliche Lösung dafür kann es nicht geben“, hieß es von der Lufthansa. Vor dem Treffen der EU-Regierungschefs und Finanzminister an diesem Wochenende hatten europäische Politiker bereits signalisiert, dass eine Übernahme des Terrorrisikos in Staatshaftung möglich sei. Das war nötig geworden, nachdem die Versicherungsgesellschaften den Airlines die Versicherungen gegen Schäden durch Krieg und Terror gekündigt hatten.

Die Airlines stehen wirtschaftlich stark unter Druck. In der allgemein schlechteren Geschäftslage durch die abflauende Weltkonjunktur haben die Anschläge von New York die Unternehmen tief getroffen. Weltweit wollen die Luftfahrtgesellschaften die Preise erhöhen und etwa 50.000 Jobs abbauen. Die irische Billigfluglinie Ryanair erklärte allerdings gestern, die anderen Unternehmen schöben den Terror nur vor, um ohnehin geplante Massenentlassungen durchzusetzen. Ryanair habe ebenso viele Buchungen wie vor den Anschlägen in New York.

Alle Airlines trifft das Verhalten der Versicherungen hart. Ohnehin sollen die Prämienzahlungen für die Versicherungen von Flugzeugen und Passagieren in die Höhe schießen: Air France rechnet mit der zehnfachen Prämie, die deutsche BA mit einer Steigerung um 900 Prozent.

„Das mit den Prämien werden wir lösen“, sagt Detlev Winter von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrtunternehmen (ADL). Doch zu schaffen macht den Fluglinien die Streichung bei den Versicherungen über Schäden aus Krieg und Terror. Weil die Versicherer ihre Risiken nicht gedeckt sehen und sie dafür auch keine Rückversicherer mehr finden, hatten sie ihre Verträge mit den Airlines kurzfristig verändert. Versichert bleiben Passagiere und Flugzeuge, doch bei „Schäden an Dritten“ gilt nun: Richtet ein abgestürztes Flugzeug Schaden an, wäre der statt wie bisher bis zu einer Milliarde Dollar nur noch bis zu 50 Millionen Dollar gedeckt. Für die Europäische Vereinigung der Luftverkehrsgesellschaften (AEA) bedeutet dies, dass die Versicherungen um das 15fache teurer werden. Weil die Airlines das nicht bezahlen können, läuft nun ihr Versicherungsschutz aus. Hinzu kommt, dass die meisten Flugzeuge geleast sind. Die Leasingverträge untersagen deren Gebrauch, wenn eine ausreichende Versicherung fehlt.

Das Problem ist international: Während in den USA ein Hilfspaket für die Fluggesellschaften im Umfang von 15 Milliarden Dollar geschnürt wird, bangen Fluggesellschaften in Europa oder auch Australien um ihren Versicherungsschutz – und fürchten, im Wettbewerb mit den US-Linien zurückzufallen. Bereits am Donnerstag bot EU-Verkehrskommissarin Loyola de Palacio an, die zusätzlichen Kosten für Sicherheits-Checks an den Flughäfen von den Mitgliedsstaaten zahlen zu lassen. Auch Bundeswirtschaftsminister Werner Müller kann sich Hilfe für die Unternehmen vorstellen. BPO