Linksruck in Polen

Sieger der Parlamentswahl in Polen ist das Wahlbündnis SLD-UP von Leszek Miller. Einbruch für die Konservativen von Premier Buzek

WARSCHAU afp/taz ■ Polen wird künftig wieder links regiert. Ersten Wahlnachfragen des polnischen Fernsehsenders TVP von gestern Abend zufolge haben der sozialdemokratische Spitzenkandidat Leszek Miller und sein Wahlbündnis SLD-UP bei der gestrigen Parlamentswahl mit knapp 45 Prozent einen deutlichen Sieg errungen.

Die konservativ-liberale Staatsbürgerliche Plattform (PO) erhielt 11 Prozent. Drittstärkste Kraft wurde die radikale Bauerngewerkschaft „Samoobrona“ (Selbstverteidigung) von Andrzej Lepper mit 9,9 Prozent. Die bisher regierende konservative Allianz AWSP von Ministerpräsident Jerzy Buzek hat drastisch verloren und schafft mit nur 4,4 Prozent der Stimmen nicht mal den Wiedereinzug ins Parlament.

Als Grund für das Wahldebakel gelten interne Querelen bei den Mitte-rechts-Parteien, die aus der Gewerkschaftsbewegung Solidarność hervorgegangen waren. Viele Polen machten Buzek außerdem für das Scheitern sozialer Reformen verantwortlich. Auch der einstige Koalitionspartner Buzeks, die liberale Freiheitsunion (UW), ist ersten Nachfragen zufolge mit 3,5 Prozent an der Fünfprozenthürde gescheitert. So sind die Parteien der einstigen Bürgerrechtler zum ersten Mal seit der demokratischen Wende im Jahr 1989 nicht mehr im Sejm, dem polnischen Parlament, vertreten.

Der designierte Ministerpräsident Leszek Miller gehörte vor der Wende dem letzten Politbüro der Kommunistischen Partei Polens an, wandelte sich danach jedoch zum Sozialdemokraten. Eine radikale Änderung der in den letzten Jahren praktizierten Politik ist von ihm nicht zu erwarten. Der Postkommunist Miller hat längst seinen Frieden mit der Marktwirtschaft gemacht und die Exkommunisten auf Westkurs geführt.

Der 54-Jährige zeigte sich vor einer Woche siegesgewiss und legte eine Kabinettsliste für eine zukünftige Regierung vor. Diesen Plänen zufolge soll der Wirtschaftswissenschaftler Marek Belka den Posten des Finanzministers einnehmen.

Der Präsidentenberater Belka hat angekündigt, die Neuverschuldung auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu begrenzen. Als Kandidaten für den Posten des Außenministers nannte Miller den früheren Ministerpräsidenten Wlodzimierz Cimoszewicz.