Schill-out für die Grünen

Rot-grüne Koalition steht vor Verlust der Mehrheit. Richter Gnadenlos erreicht fast 18 Prozent. SPD bleibt stärkste Partei. CDU fährt spürbare Verluste ein. Grüne büßen rund fünf Prozentpunkte ein

HAMBURG dpa/taz ■ Der rot-grüne Hamburger Senat hat bei der Bürgerschaftswahl seine Mehrheit nach ersten Hochrechnungen verloren. Nach 44 Jahren droht der SPD damit der Abschied von der Macht in der Hansestadt. Die CDU und die Partei des Amtsrichters Ronald Schill können die neue Regierung bilden, wenn die FDP dem Mitte-rechts-Bündnis beitreten kann oder wird. Während die SPD zulegen konnte, mussten die Grünen einen Einbruch von rund 5 Prozentpunkten einstecken. Die CDU verlor rund 4 Punkte. Die „Partei Rechtsstaatlicher Offensive“ des „Richters Gnadenlos“ Schill zog auf Anhieb mit knapp 18 Prozent Prozent ins Parlament ein. Die FDP konnte nach ersten Hochrechnungen die Fünfprozenthürde knapp überspringen.

Der CDU-Spitzenkandidat Ole von Beust sagte, nun komme es darauf an, das zu machen, was die CDU vor der Wahl angekündigt habe. „Das heißt, mit vernünftigen Koalitionspartnern den Wechsel zu machen.“ Allerdings schloss er auch ein Bündnis mit der SPD nicht aus. „Alle demokratischen Parteien sind koalitionsfähig“, sagte Beust im ZDF: Schill erklärte: „Wir werden den Wechsel in der Hansestadt herbeiführen.“ Er selbst strebe das Amt des Innensenators an. Die Bundesvorsitzende der Grünen, Claudia Roth, sagte im ZDF, das Ergebnis sei nicht gut für die Grünen. Es gebe in etwa eine Kontinuität im Vergleich zu den vorigen Landtagswahlen. SPD-Generalsekretär Franz Müntefering rief die FDP auf, verantwortlich über eine Koalition zu entscheiden. Die FDP stünde vor der Frage, ob sie einen Innensenator in Hamburg wolle, der Ronald Schill heiße. Die Hamburger SPD habe den klaren Auftrag zur Regierungsbildung bekommen.

Die SPD stabilisierte sich bei deutlich über 36 Prozent. Vor vier Jahren hatte sie 36,2 Prozent der Stimmen erhalten. Für die CDU gab es mit knapp 27 Prozent Verluste. Bei den Grünen/GAL deutete sich mit knapp 9 Prozent (1997: 13,9) ein Einbruch an. Die FDP erhielt nach den Hochrechnungen etwa 5,3 Prozent (1997: 3,5), die erstmals angetretene Schill-Partei „Rechtsstaatliche Offensive“ knapp 18 Prozent. Die Regenbogen-Partei, eine Abspaltung der Grünen, kam auf gut 3 Prozent. Nach Angaben des Landeswahlleiters war die Wahlbeteiligung mit rund 75 Prozent deutlich besser als 1997 (68,7 Prozent). Vom Ausgang der Hamburg-Wahl werden Auswirkungen auf Berlin erwartet, wo am 21. Oktober ein neues Abgeordnetenhaus gewählt wird.

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