Spielen Japaner Basketball?

■ Melt Banana und Melted Men rissen die Friesenstraße hin

Ein vorläufiger, vorerst einsamer Höhepunkt der Konzertsaison war ganz sicher das Erscheinen von Melted Men und Melt Banana. Ers-tere waren bereits vor zwei Jahren im Jugendhaus in der Friesenstraße zu Gast, wo sie vor Laddio Bolocko ihre Gaga/Karaoke/Hühner-Show aufführten, die sie am vergangenen Sonntag noch einmal bis ins Groteske überrissen.

Pferdemenschen, Giraffenköpfe, nackte Männer und eine Karaoke-Version von Jo Staffords „Spiders And Snakes“, bargesäßig im Publikum aufgeführt. Überdies ein Schimpanse mit Peitsche und Geschichten über Francois Mitterand, der in einer deutschen Ananas sitzt und aus unerfindlichen Gründen ein Klempnerdiplom erworben hat, um eine Pipeline zwischen Bremen und Florida zu bauen. Dramaturgisch brillant ließen sie nach einem furiosen Mittelteil erst einmal lange Minuten der Stagnation folgen, um schließlich ein aberwitziges Finale zu liefern: eine Verfolgungsjagd über die ganze Distanz einschließlich des Tresens. Ein Stelzenmann verfolgte einen Schimpansen mit einer dieser penetranten Tröten, gegen die sich der Affe, so gut es eben ging, mit einer Peitsche verteidigte. Eine umwerfende Aufführung in verschiedenen Sinnen des Wortes. Ganz großes Entertainment.

Und dann eben Melt Banana. Auf ihren Alben, zuletzt erschienen: „Teeny Shiny“ (A-Zap), vollziehen sie eine stete Ausdifferenzierung ihrer lichtgeschwinden Musik, die gleichermaßen Hardcore und Noise zur Grundlage hat, seit längerem aber auch viel Glam, Breakbeats und eine Neigung zu großen Momenten der Pop-Geschichte aufweist. Ohne ihre Stücke zu massakrieren, führten sie diese in einer Tour de Force auf, die auch dort nichts von ihrer Rasanz, Kraft und Überspitzung verlor, wo Melt Banana das Tempo reduzierten. Ein brillanter, von der empfehlenswerten Hardcore-Band Burnt By The Sun geliehener Schlagzeuger, eine winzige Bassistin, ein unwesentlich größerer Gitarrist, der mit einem ausladenden Effektbord aus seiner Gitarre ganz ungitarrische Sounds heraus holte und eine charismatische Sängerin, die auf eine für das Genre ganz und gar untypische Weise die Musik akzentuierte.

Nur: Davon zu sehen war wenig, es sei denn, man stand in der ersten Reihe oder weiter hinten auf einem Barhocker oder dem Tresen. Der Kollege vom WK fragte, ob Japaner wohl auch Basketball spielen. Dass aus so kleinen Leuten so große Musik kommen kann, ist natürlich kein Wunder, weil das eine mit dem anderen gar nichts zu tun hat.

Andererseits haben Melt Banana so etwas Comichaftes in ihrer Überspitzung und ihrer ganz un-martialischen Durchschlagskraft, dass der optische Aspekt beträchtlich zur Gesamtwirkung beiträgt. In der unterscheiden sie sich erheblich von dem Meisten, was sich an verwandten Bands im Hardcore und Metal betätigt. Melt Banana sind weder das eine noch schon gar das andere, vielmehr dafür eine Avantgarde-Rockband und als solche wiederum eine immens unterhaltsame. Andreas Schnell