Schildas Partnerstädte

■ Das neue „Schwarzbuch“ des Bundes der Steuerzahler ist soeben erschienen. Es enthält Pflaster-Desaster, goldene Handschläge und Frischwasser im Orkus

Jedes Jahr aufs Neue reiben sich Journalisten landauf, landab die Hände während Politiker in Land, Bund und Kommunen die große Flatter überfällt: Dann, wenn Karl Heinz Däke, der Präsident des Bundes der Steuerzahler (BdSt), sein Schwarzbuch über „Die öffentliche Verschwendung“ präsentiert. Eine lange Liste von schlampigen Schludereien, die die VolksvertreterInnen dem ungezügelten und gerechten Zorn von Otto Normalverbraucher aussetzt.

Dieses Jahr sind es 104 teure Fehltritte, viele davon aus dem Nordwesten. Unter der Rubrik „Schildas Partnerstädte“ taucht das ruhmreiche kleiner Örtchen Weener im Landkreis Leer auf. „Kaum fassbare Vorgänge“ hätten sich dort in der letzten Freibadsaison zugetragen, rügt der BdSt. Satte 41.000 Mark sollen in Weener ungenutzt durch den Abfluss gerauscht sein. Der Grund: verpennte Bademeis-ter. Im Planschbecken standen zwei Abflüsse zeitweilig ständig offen, täglich verschwanden bis zu 150.000 Liter Frischwasser im Orkus – genug, um einen durchschnittlichen Drei-Personen-Haushalt ein ganzes Jahr zu versorgen. Zudem wurden viel zu viel Chemikalien ins Wasser gekippt und dabei zusätzlich 15.500 Mark verjubelt. Die Stadt gestand, dass „keine wirtschaftliche Führung des Bades durch das Personal gewährleistet war“. Totalschaden in Weener: 56.500 Märker.

Wer das für Peanuts hält, blicke ins beschauliche Nienburg an der Weser. Dort hatte die Stadt Anfang dieses Jahres das so genannte ehemalige „Puls“-Gelände für 1,2 Millionen Mark verkauft. Eine glatte Bauchlandung: Acht Jahre zuvor hatten die Nienburger dasselbe Grundstück für drei Millionen Mark erworben. Eigentlich hätten auf dem „Puls“-Gelände soziale und kulturelle Einrichtungen untergebracht werden sollen. Allerdings brachte es die Stadt nicht einmal fertig, die für die baulichen Veränderungen notwendigen Sanierungs-maßnahmen in Auftrag zu geben. Als die vorher interessierten Träger nach und nach von dem Projekt absprangen, versuchten die Nienburger Schildbürger verzweifelt, per Verkauf des Geländes das Geld wieder einzutreiben. Vergeblich: 1,8 Millionen Mark Miese.

Auch das Land Niedersachsen kommt bei der BdSt-Shitliste nicht ungeschoren weg: Dort war der Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz per „goldenem Handschlag“ schon mit 60 Jahren in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Zur Begründung hieß es lapidar, Rolf-Peter Minnier sei „einseitig auf ein Ausscheiden fixiert“ gewesen. Die Arbeitsunlust bringt dem Spitzenbeamten nunmehr ein erhöhtes vorzeitiges Ruhegehalt in Höhe von 9.500 Mark im Monat. Macht bis zum Erreichen der regulären Altersgrenze fast 500.000 Mäuse, die Minnier einstreichen darf, während sein Nachfolger rackert – natürlich bei vollem Sold.

In Bremen berichtet der BdSt nur von einem einzigen, hinlänglich bekannten Fall: Moniert wird die „Skandalgeschichte um die Pflasterung des Bahnhofsvorplatzes“. Die Steuerzahler wärmen die Geschichte um das teure Granit-Pflas-ter auf, das wegen Fehlplanungen kurze Zeit später durch Guss-Asphalt ersetzt werden musste. Garniert wird die Geschichte von den Kosten für die Einweihungsfeier für den Bahnhofsvorplatz. Der eintägige Party-Spaß des ehemaligen Bausenators Bernt Schulte (CDU) verschlang saftige 148.900 Mark. Kommentar des BdSt: „Auf Steuerzahlerkosten wurde dem Wahlvolk gut zwei Wochen vor der Bürgerschaftswahl (6. Juni 1999) ein städtisches Vorzeigeprojekt präsentiert, das im Nachhinein für Bremen zum wahren ,Pflaster-Desaster' wurde.“

Also: Ein mildes Urteil für Bremen. Scherf, Perschau & Co. brauchen übrigens deshalb nicht vor dem BdSt mit den Zähnen zu klappern, da der Bund der Steuerzahler an der Weser keine eigene Dependance hat. Das für Niedersachsen und Bremen zuständige BdSt-Büro in Hannover liest offenbar viel zu selten die taz. Kai Schöneberg