Kleinkrieg um Scharpings Haushalt

Verteidigungsminister versucht, sich 1,5 Milliarden aus dem Anti-Terror-Paket auf Dauer zu sichern. Grüne wollen ihm nur kurzfristig helfen, Eichel vor allem keine neuen Schulden. CDU fordert trotzdem mehr Geld und weniger Steuern

BERLIN taz ■ Wenn es um Forderungen für den Haushalt geht, kennt die Fantasie keine Grenzen. Vor allem die der Opposition. Die Ausgaben für Militär, Geheimdienste und Polizei sollen erhöht werden. Und gleichzeitig die Steuern gesenkt, um die Konjunktur zu beleben. Jedenfalls wenn es nach den Fraktionschefs Friedrich Merz (CDU/CSU) und Wolfgang Gerhardt (FDP) geht. Die Regierung aber hat an ihrem Konsolidierungskurs schon genug zu knabbern. So wird heute im Bundestag sicher nicht mehr viel von der „Nationalen Allianz der Entschlossenheit“ zu spüren sein, die Merz angeboten hatte.

In normalen Zeiten wäre es kein großes Problem gewesen für Finanzminister Hans Eichel (SPD), noch irgendwo drei Milliarden Mark für mehr Sicherheit aus dem Haushalt zu pressen – schließlich hat er es sich zur Regel gemacht, stets ein paar Sicherheitsreserven einzuplanen. Doch angesichts der Konjunkturschwäche sind diese aufgebraucht. Kein Wunder also, dass das Bundeskabinett vor einer Woche zum Mittel der Steuererhöhung griff, um drei Milliarden Mark für mehr Sicherheit locker zu machen. Mehr Schulden machen ist tabu. Und wann, wenn nicht in Zeiten des Kampfes gegen den Terror, wäre so ein Notopfer zu vermitteln?

Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) nutzt die Gunst der Stunde: Er versucht, sich die 1,5 Milliarden Mark zusätzlich, die für militärische Einsätze gegen den Terror vorgesehen sind, gleich auf Dauer einzuverleiben. Dies sei die Richtlinie des Kanzlers, behauptete er forsch gegenüber der FAZ. Tatsächlich ist über diesen Punkt aber noch nicht entschieden. Sowohl der grüne Haushaltspolitiker Oswald Metzger als auch der Finanzminister wollen die 1,5 Milliarden dem „Einzelplan 60“ zuschlagen, einem Etat für Sonderausgaben, der Eichel allein untersteht. Das würde garantieren, dass Scharping das Geld nur so lange bekäme, wie der Terror wirklich Einsatz von der Bundeswehr verlangt.

Man solle das Geld „nicht in alte Strukturen investieren“, argumentiert Metzger. Der Verteidigungsetat war im Haushalt 2002 der in der Koalition am längsten umstrittene Punkt. Während Scharping stets erklärte, der ihm zugewiesene Etat von 46,2 Milliarden Mark reiche nicht aus für die Reform der Bundeswehr, waren seine Gegner stets der Meinung, Scharping solle die Bundeswehr so reformieren, dass das Geld reiche.

Unklar ist bei dem 3-Milliarden-Antiterror-Paket immer noch, ob daraus auch Geld in Entwicklungshilfe und andere Konfliktprävention fließt. Das fordern die Grünen, die nicht in den Ruch kommen wollen, angesichts des Terrors Geld allein für Repression locker zu machen. Der Etat der Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul soll nach einem Beschluss der Koalitionsspitzen vom Juni ohnehin um 200 Millionen Mark gegenüber dem Ansatz von Eichel aufgestockt werden, würde damit aber dennoch zweieinhalb Prozent unter dem Betrag vom Vorjahr liegen. Metzger möchte insgesamt 750 Millionen aus dem Paket ans Auswärtige Amt und ans Entwicklungshilfeministerium vergeben.

Egal, wie sich die Koalition entscheidet. Die Union ist damit unzufrieden. Die 1,5 Milliarden Mark für die Bundeswehr seien viel zu wenig, erklärte der Fraktionsgeschäftsführer der Union, Hans-Peter Repnik. Nötig sei mehr als das Doppelte. Ganz zu schweigen von der Steuererhöhung, die Angela Merkel für „das komplett falsche Signal“ hält.

MATTHIAS URBACH