Fünf Freunde und die Oper

■ Neue Stimmen am Bremer Theater: Ihre Wege hierher kommen von Nicolai Gedda, der Elektrotechnik und orientalischem Gesang

Es gibt fünf neue SängerInnen am Bremer Theater, von denen man, ihren Ausbildungen und ersten Erfolgen nach zu urteilen, hoffen kann, dass sie über die schmerzhaften Abwanderungen von Daniela Sindram und Fredrika Brillembourg – um nur zwei Beispiele zu nennen – hinweghelfen werden: Alle sind in der Neuinszenierung von Mozarts „Zauberflöte“ zu sehen und zu hören.

Da sind zunächst einmal Pamina und Tamino: Marion Costa und Christoph Wittmann. Die Stuttgarterin Marion Costa sagt, sie sei „etwas blauäugig“ in den Beruf hineingegangen. Die Sopranistin war sieben Jahre in Würzburg engagiert und hat „zu viel gemacht“: Die Marie, die Michaela, die Mimi, Desdemona, Traviata... „Man muss unbedingt lernen, nein zu sagen“, sagt sie heute. Es interessiert sie, mit der Person Pamina eins zu werden. Überhaupt müsse „Singen und Spielen identisch sein“, sagt Costa. „Die Pamina ist jung. Sie muss sich in einer Welt zurecht finden, die sie nicht kennt. Und sie übernimmt Verantwortung“.

Der Tenor Christoph Wittmann kommt aus Frankfurt und gab 1996 sein Bühnendebut in Braunschweig. Als Sohn einer Kirchenmusikerin hat er „immer gesungen“, schon im Windsbacher Knabenchor. Dann aber hat er erstmal bis zum Vordiplom Elektrotechnik studiert, doch das Singen-Müssen holte ihn ein. Sein Ziel war zunächst einmal der Rundfunkchor Stuttgart. „Aber um meine Perspektiven zu erweitern, studierte ich in Mannheim auch noch Dirigieren“, sagt Wittman. Über seinen Studienaufenthalt an der Londoner Guidhall School of Music and Drama merkt er an: „Das ist eine unvergleichbar bessere Ausbildung: die Schulen dort haben eigene Theater mit Werkstätten und allem Drum und Dran“. Rat holt er sich bei dem großen Nicolai Gedda.

Die erste Dame in der „Zauberflöte“ kommt von weit her: aus Damaskus. Lubana Alquntars Familie mütterlicherseits bestand aus SängerInnen klassischer arabischer Musik und so habe auch sie selbst immer gesungen. Im Konservatorium in Damaskus gab es eine Opernabteilung, wo sie vier Jahre studierte. Dann kam London, die Royal Academy of Music. Im römischen Amphitheater in Bosra (Südsyrien) debutierte sie mit der Dido aus „Dido und Aenaeas“ von Henry Purcell. In Bremen wird die Sopranistin, die hier ihr erstes Engagement angenommen hat, die Violetta in „La Traviata“ übernehmen.

Mit den Mezzosopranistinnen Katharina von Bülow und Sybille Specht stellen sich zwei „zweite Damen“ in der „Zauberflöte“ vor. Auch Katharina von Bülow hat schon ganz früh gesungen, gleichwohl war eine Professionalität auf diesem Feld in ihrer Familie außerhalb des Denkbaren: „Gesangsunterricht, das war irgendwie exotisch“. Sie interessierte sich zunächst einmal auch mehr für Sport, besonders Reiten. Aber mit der Hauptrolle in einer Schulaufführung von „West Side Story“ habe sie Blut geleckt. Ihr Mann ist Rocksänger: „Manchmal denke ich, ich bin im falschen Film“. Der „Bremer Film“ beinhaltet zunächst die Dorabella (Cosi fan tutte) und den Cherubino in Mozarts „Figaros Hochzeit“.

Den ungewöhnlichsten Zugang zum Singen hat wohl Sybille Specht, die – wie Lubana Alquntar auch – in Bremen ihr erstes festes Engagement antritt. Ihre Familie ist so häufig umgezogen, dass sie die Oper als Therapie für diese Entwurzelungen entdeckte: „Große Gefühle, große Exaltationen, das war so ein Kanal: Die Menschen in der Oper sind immer so verliebt, dass sie dafür sterben wollen“.

Das Studium, das sie in Dresden mit Auszeichnung absolvierte, musste sie den Eltern abtrotzen. „Es gibt Augenblicke auf der Bühne, die sind so wertvoll, dass zwei Jahre Mühen und Betriebsärger vollkommen vergessen werden können.“ Ute Schalz-Laurenze