Alle Macht durch Drogen

Die CDU setzt im Wahlkampf auf den Schill-Effekt. In Kreuzberg sammelt die Union Unterschriften gegen die Einrichtung von Fixerstuben. Und sie macht Migration für Terror mitverantwortlich

von ANDREAS SPANNBAUER

Das Brandenburger Tor, flächendeckend besprüht mit roten und gelben Graffiti; Kinder, die auf dem Spielplatz neben frei umherliegenden giftgrünen Spritzbestecken knien: Die CDU setzt im Wahlkampf jetzt auf den Schill-Effekt. „Das Thema Sicherheit hat einen neuen Stellenwert bekommen“, sagte CDU-Generalsekretär Volker Liepelt gestern bei der Vorstellung der neuen Wahlkampfmotive, die ab dem Wochenende an den Ständen verteilt werden sollen.

Vor allem in Kreuzberg will die CDU flächendeckend gegen die Einführung von Fixerstuben mobil machen. Der Start eines Modellversuches zu Drogenkonsumräumen wird derzeit im rot-grünen Senat diskutiert. Die Methoden ihrer neuen Kampagne haben die Christdemokraten bei ihrem hessischen Parteifreund Roland Koch abgeschaut: Mit einer Unterschriftensammlung möchte der CDU-Kreisvorsitzende von Friedrichshain-Kreuzberg, Kurt Wansner, die Bevölkerung gegen die Pläne des Senats aufbringen. „Es wird uns gelingen, einen Aufstand der Menschen in diesem Bezirk zu bewirken“, hofft Wansner.

Bei einem ersten Versuch sammelte die CDU am Kottbusser Tor gestern binnen zwei Stunden rund 1.000 Unterschriften gegen Fixerstuben und die damit verbundene Entstehung „krimineller Schwerpunkte“. Um weitere Unterstützung zu gewinnen, will Wanser künftig im Bezirk „Hausbesuche“ durchführen. Die Unterschriften sollen kurz vor den Abgeordnetenhauswahlen an Innensenator Ehrhart Körting (SPD) übergeben werden.

Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Roland Gewalt, forderte vor dem Hintergrund der Terroranschläge von New York und Washington erneut die Einführung der Videoüberwachung und des „finalen Rettungsschusses“ sowie die Verlängerung des Unterbindungsgewahrsams. „In Berlin ist die Gefahr terroristischer Geiselnahmen am Größten“, begründete Gewalt die Forderung nach einem gezielten polizeilichen Todesschuss. Auch die Verlängerung des Unterbindungsgewahrsams sei „angesichts der bevorstehenden Gefahrenlage der nächsten Wochen“ unverzichtbar, um potenzielle Straftäter aus dem Verkehr zu ziehen.

Lobende Worte fand der CDU-Innenpolitiker dagegen für die Ausweitung der Regelanfrage beim Verfassungsschutz bei der Einbürgerung und die Einführung der Rasterfahndung durch SPD-Innensenator Körting. Heute zeige sich, wie absurd eine Politik sei, die einen unkontrollierten Ausländerzuzug aus allen Teilen der Welt befördere. „Der Innensenator hat in beiden Fällen unsere volle Unterstützung.“

Der Parteienforscher Peter Lösche rechnete nicht damit, dass die CDU mit dem Thema innere Sicherheit ihr Wahlergebnis verbessern könne. „Law and order spielt in Berlin nicht diese Rolle“, sagte Lösche. Richard Hilmer, Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstitutes infratest-dimap, wies jedoch darauf hin, dass die CDU so ihre Verantwortung für die Finanzkrise in den Hintergrund rücken könne.

Bei den Grünen, deren Politik im Mittelpunkt der CDU-Angriffe steht, kommentierte man die neuen Vorstöße knapp. „Wer keine Inhalte hat, schürt Ängste“, sagte die grüne Spitzenkandidatin Sibyll Klotz.

Der SPD-Landesvorsitzende Peter Strieder sagte dagegen, Rot-Grün müsse zukünftig konsequenter polizeilich gegen Dealer vorgehen. Die Vorwürfe gegen den Senat gab Strieder an die ehemaligen CDU-Innensenatoren zurück: „Die haben zehn Jahre lang martialisch geredet, aber nicht gehandelt.“