Mit 65 wird das Leben erst richtig schön

Italiens Parlament wird in den nächsten Tagen eine Reihe von Gesetzen beschließen, die die Privatgeschäftevon Ministerpräsident Silvio Berlusconi erheblich vereinfachen dürften. Der kann danach zufrieden Geburtstag feiern

ROM taz ■ Am Samstag wird Silvio Berlusconi 65 – und die Abgeordneten seiner Regierungsmehrheit machen ihm ein besonderes Geschenk: ein paar Gesetze, die ganz zufällig dem Ministerpräsidenten auch privat zupass kommen.

Voraussichtlich noch am morgigen Freitag wird Italiens Senat ein neues Gesetz zur Bilanzfälschung verabschieden. In Zukunft wird die Ablieferung falscher Bilanzen kein Straf-, sondern nur noch ein Bußgeldverfahren nach sich ziehen. Schön für Ministerpräsident Berlusconi: Gegen ihn läuft zur Zeit ein Prozess, in dem ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft, rund um die Auslandsholding „All Iberian“ ein milliardenschweres Schattenreich im Ausland aufgebaut zu haben, das in keiner Bilanz der Berlusconi-Unternehmensgruppe Spuren hinterließ. Sollte jetzt das neue Gesetz durchkommen, dann wäre das Verfahren abrupt per Einstellung beendigt.

Noch schöner für den Regierungschef ist ein zweites Gesetz, dass ebenfalls morgen das Abgeordnetenhaus passieren soll: die Ratifizierung des 1998 geschlossenen Rechtshilfeabkommens zwischen Italien und der Schweiz. Eigentlich müsste Berlusconi sich über das Abkommen Sorgen machen, schafft es doch die Voraussetzungen für eine systematische und reibungslose Zusammenarbeit der Justizbehörden beider Länder. Aber wohin eine solche Kooperation führen kann, spürt der Ministerpräsident zur Zeit in zwei Prozessen, in denen er an der Seite diverser Anwälte und Richter wegen Richterbestechung angeklagt ist: Berlusconi soll zum Beispiel die Übernahmeschlacht um den Großverlag Mondadori Ende der 80er-Jahre mit großzügigen Überweisungen an einige Richter, die dann zu seinen Gunsten urteilten, für sich entschieden haben. Den Beweis für die Bestechung will die Mailänder Staatsanwaltschaft mit Dokumenten über die Bewegungen auf den Konten diverser Angeklagter in der Schweiz erbringen.

Eben dieses Problem soll das Ratifizierungsgesetz beseitigen. In Zukunft sind aus dem Ausland zugestellte Dokumente nur noch als Beweis zugelassen, wenn die Staatsanwaltschaft auch nur den kleinsten Formfehler vermieden hat. Ein fehlender Stempel – und die Auszüge vom Schweizer Nummernkonto sind plötzlich nicht mehr prozesstauglich.

Schon vor einem Jahr hatten Berlusconis Anwälte solche Formfehler in diversen Ablehnungsanträgen vor Gericht geltend gemacht, waren aber damit gescheitert. Jetzt sitzen diese Anwälte als Forza-Italia-Abgeordnete im Parlament und schreiben sich das passende Gesetz zur Verteidigungsstrategie. Denn die neue Norm soll rückwirkend in Kraft treten; nach der Verabschiedung bleibt den Mailänder Richtern nur die Einstellung der Prozesse. Die Staatsanwaltschaft hätte von vorne zu beginnen, und Berlusconi kann hoffen, dass wie schon in mehreren anderen Prozessen schließlich die Verjährung seinen juristischen Sorgen ein Ende machen wird.

Obwohl der Gabentisch für Berlusconi also reich gedeckt ist, mochte da auch das Kabinett nicht hinter Senat und Abgeordnetenhaus zurückstehen. Die Minister wollen morgen den Gesetzentwurf zur Regelung des „Interessenkonflikts“ auf den Weg bringen. Geht es nach der Regierungsmehrheit, dann kann Berlusconi als Regierungschef ebenso wie als Medienzar weitermachen wie bisher. Allein ein zahnloser Ausschuss ohne jede Sanktionsmöglichkeit wird über die Korrektheit der Berlusconi-Geschäfte wachen; die drei Ausschussmitglieder werden von den Präsidenten der beiden Häuser des Parlaments – also von Vertretern der Regierungsmehrheit – berufen. Sollte ihnen dennoch Zweifelhaftes auffallen, dann dürfen sie dem Parlament „berichten“. MICHAEL BRAUN