Viele Tote im Kalkül

US-Verteidigungsminister: „Antiseptischen Krieg“ wird es nicht geben. Auf direkten militärischen Beistand wollen die USA offenbar verzichten, „Bündnisfall“ wird bei Nato-Rat nicht festgestellt

WASHINGTON/BRÜSSEL dpa/rtr ■ US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat die Öffentlichkeit vor falschen Erwartungen bei der möglichen Militärkampagne gegen den Terrorismus gewarnt. Es werde keine Art „D-Day“ geben, sagte Rumsfeld am Dienstag (Ortszeit) in Anspielung auf die Landung der Alliierten im Zweiten Weltkrieg in der Normandie. „Das ist nicht etwas, das mit einem bedeutenden Ereignis anfängt oder mit einem bedeutenden Ereignis aufhört“, erklärte der Pentagon-Chef. Rumsfeld warnte weiter, es werde kein „antiseptischer Krieg“ werden: „Es wird schwierig, es wird gefährlich sein.“ Es bestehe die Wahrscheinlichkeit, dass Menschenleben verloren gingen.

Das Pentagon hat inzwischen auch den Code-Namen geändert: Inzwischen laufen die Vorbereitungen unter dem Titel „Operation Enduring Freedom“ (dauerhafte Freiheit). Das Wort „dauerhaft“ signalisiere, dass es keine schnellen Lösungen geben werde. Gegen die vorherige Bezeichnung „Grenzenlose Gerechtigkeit“ hatte es Proteste aus der islamischen Welt gegeben: „Grenzenlose Gerechtigkeit“ liege allein in den Händen von Allah.

Die Nato geht offenbar inzwischen davon aus, dass die USA derzeit keine Beteiligung der gesamten Allianz an militärischen Aktionen planen. Der belgische Verteidigungsminister André Flahaut sagte beim Treffen mit seinen Nato-Kollegen gestern in Brüssel, die USA hätten ihren Nato-Partnern signalisiert, sie wollten freie Hand für etwaige Aktionen: „Sie insistieren auf einer gewissen Autonomie und Flexibilität.“ Die Verbündeten gingen nicht von einer Bitte der USA um militärischen Beistand durch die gesamte Nato aus. Die USA legten auch keine weiteren Beweise dafür vor, dass die Anschläge von außen gesteuert seien, um damit den Bündnisfall voll in Kraft zu setzen.

Nato-Diplomaten vermuten, dass die USA für einen Militärschlag auf einzelne Verbündete wie Großbritannien und nicht das gesamte Bündnis zurückgreifen wollen. Unter Artikel 5 müsste der Nato-Rat über ein kollektives Vorgehen der Nato entscheiden. Nato-Diplomaten sagten, es sei nur schwer vorstellbar, dass die USA im Nato-Rat etwa mit Island oder Luxemburg über Ziele und Mittel von Militärschlägen beraten würden.