Gläserner Flughafen

Untersuchungsausschuss zur ersten gescheiterten Flughafen-Privatisierung beendet seine Arbeit, verurteilt Misswirtschaft und fordert Anti-Korruptions-Gremium. Der nächste Ausschuss steht ins Haus

von ROLF LAUTENSCHLÄGER

Wenn es ein Ergebnis zum Abschluss des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur gescheiterten Flughafen-Privatisierung in Schönefeld gibt, kann die Botschaft nur lauten: Jeder neue Privatisierungsversuch für den Single-Airport braucht ein Höchstmaß an öffentlicher und politischer Transparenz, klare Strukturen, um Interessenkollissionen zu vermeiden, und eine unabhängige Institution, die den Verantwortlichen auf die Finger schaut. Für den derzeit laufenden zweiten Versuch der Länder Berlin und Brandenburg und des Bundes, die Entwicklung und den Bau des Flughafens zu privatisieren, kommt die Botschaft womöglich zu spät, sind doch die Bedenken gegen den Standort, die Vergabe an nur einen Investor sowie die finanziellen Risiken nach wie vor nicht geklärt. „Ich bin sicher“, resümierte die Ausschuss-Vorsitzende Cerstin-Ullrike Richter-Kotowski (CDU) bei der Vorstellung des Abschlussberichts gestern, „dass es noch eine Untersuchung geben wird“. Keine rosigen Aussichten also.

Nach über einem Jahr intensiver Arbeit, die den Steuerzahler 100.000 Mark kosten wird, hat die Kommission gestern ihr Fazit zur ersten 1999 gescheiteten Flughafenprivatisierung gezogen, die „maßgeblich auf die Konzeptionslosigkeit“ der drei Gesellschafter (Berlin/Brandenburg/Bund) sowie die „Einflussnahme von Unternehmen“ auf die Planung gekennzeichnet gewesen sei, sagte SPD-Ausschussmitglied Christian Gaebler. Gaebler forderte deshalb, „eine Institution wie die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International“ einzuschalten, um „in Zukunft Transparenz“ für das rund 8-Milliarden Mark teure Superprojekt zu gewährleisten.

Bereits bei der Gründung der Flughafenprojektgesellschaft 1996, welche die Privatisierung einleiten sollte, seien „massive Fehlleistungen“ zu Tage getreten, erinnerte Michael Cramer (Grüne). Herbert Märtin, damaliger Berater der Gesellschaft, habe trotz unzureichender Gutachten, den Standort Schönefeld mit „beinahe krimineller Energie“ gegen andere Varianten durchgesetzt. Zudem, so Cramer, habe Märtin seine Stellung missbraucht und bei der Vergabe von Aufträgen eigene Firmen begünstigt und diese mit Planungsleitungen in Höhe von 15 Millionen Mark beauftragt.

Märtin sei es auch gewesen, mit dessen Firma WIB Insiderwissen und Vergabekriterien an den späteren Anbieter Hochtief AG weitergegeben wurden. Jutta Matuschek (PDS) bemängelte dabei insbesondere die Rolle der Gesellschafter Berlin und Brandenburg im Aufsichtsrat, die viel zu spät gegen das Missmanagement interveniert hätten.

Kritisiert wurde von Cramer auch die Einflussnahme von Bietern außerhalb des normalen Bieterverfahrens, insbesondere des Hochtief-Konsortiums. Bei der Auslobung zur Privatisierung 1997/98 waren zwei Unternehmen, IVG und Hochtief, in die Endauswahl gelangt. Hochtief, so Cramer, habe dabei einen SFB-Journalist mit 20.000 Mark Salär bezahlt, um Politiker zu beeinflussen. „Nicht nachvollziehbar“ sei ebenfalls, dass die Gesellschafter ab 1998 nur mit einem Bieter (Hochtief) verhandelt hätten, statt auf mehrere Konkurrenten zu setzen. Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg, das 1999 das Verfahren wegen massiver Vergabefehler stoppte, sei nicht akzeptabel, schloss Cramer. Hochtief hätte „wegen Vorteilsnahme“ von dem Projekt ausgeschlossen werden müssen.

Der innenpolitische Sprecher der CDU, Roland Gewalt, kritisierte die SPD, weil sich sozialdemokratische Politiker für Berateraufträge an die WIB eingesetzt hätten, obwohl es keine Notwendigkeit gegeben habe. Die PDS zeige sich mit den Ergebnissen nur zum Teil zufrieden, sagte die stellvertretende PDS-Fraktionsvorsitzende Jutta Matuschek. Wichtige Dokumente habe die Senatskanzlei dem Ausschuss nicht zur Verfügung gestellt. Die Aufdeckung aller planungsrechtlichen Risiken sei daher nicht gelungen.

Die rot-grüne Koalition will trotz der Kritik des Ausschusses am Bau eines internationalen Airports in Schönefeld festhalten. Man stehe zum Konsensbeschluss betonten Sprecher von SPD und Grünen gestern in der aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus. Zu dem Standort gebe es keine Alternative, sagte auch der CDU-Fraktionschef Frank Steffel. Zu dem Verfahren schon.