Billige Imitate der Vorsaison

Sich geißelnde Spieler, flüchtende Fledermäuse, rotierende Ratlosigkeit: Der Fußballclub Schalke 04 ist nach dem 0:1 gegen RCD Mallorca eine der schlechtesten Mannschaften der Champions League

aus Gelsenkirchen HOLGER PAULER

Eine verirrte Fledermaus drehte ihre Runden durch die Schalke-Arena. Das passte zur Atmosphäre dieses Champions-League-Abends. Beim Spiel des FC Schalke 04 gegen Mallorca bemühten sich die 22 Aktiven, all das zu vermeiden, was ein spannendes, mitreißendes Fußballspiel ausmacht: Zweikämpfe, schnelle Kombinationen, Blutgrätschen, Tore oder wenigstens Torchancen. Mit überwältigendem Erfolg. Die Zuschauer fühlten sich in die graue Vorzeit zurückversetzt. Fußball zum Abgewöhnen. Die über 50.000 Fans fügten sich nahtlos in das triste Bild ein. Der Großteil des Publikums verließ bereits 20 Minuten vor Abpfiff das Stadion. Der verbliebene Rest schwieg. Nichts erinnerte an die Dezibelschocks vergangener Spiele. Die hysterische Atmosphäre der Arena, dieses überdimensionalen Resonanzkörpers, war wie weggeblasen. Sinnentleert plätscherte das Spiel dahin. Irgendwann verschwand dann auch die Fledermaus. Im Stadion war es einfach zu unheimlich.

Für den FC Schalke sollte die Champions-League am Mittwoch erst richtig beginnen. Aber Rudi Assauer war nach dem Spiel völlig frustriert und ratlos: „Ich erkenne die Mannschaft nicht wieder. Wir haben uns heute total blamiert.“ Die tragischen Begleitumstände der Niederlage gegen Athen, das unglücklich verlorene Spiel bei Arsenal London, so glaubten alle, könnten durch einen Sieg gegen Mallorca überwunden werden. Manager Rudi Assauer sprach vorher überzeugend von der letzten Chance, die man nutzen werde. Real Mallorca war ersatzgeschwächt und ist international unerfahren. Die Voraussetzungen für den ersten Sieg in der Champions-League waren gut und die Hoffnungen schienen sich schnell zu bestätigen: Die Spanier agierten harmlos, nur auf die Sicherung des eigenen Tores bedacht. Die sporadischen Angriffsbemühungen scheiterten meist im Ansatz und auch der Torwart machte nicht den sichersten Eindruck. Alles hätte optimal gepasst, wenn die Schalker mitgespielt und diese herzliche Einladung angenommen hätten. Aber statt der Tore gab es Pfiffe zur Halbzeit.

Nach der Pause erhöhten die Gastgeber den Druck etwas, ohne Torchancen herauszuspielen. Schließlich war es dem indisponierten Jörg Böhme vorbehalten, mit einem Fehlpass den entscheidenden Angriff des Spiels einzuleiten. Mallorcas Angreifer Samuel Eto’o nutzte die einzige Torchance der Gäste in der 66. Minute zum 0:1. Obwohl noch gut 20 Minuten zu spielen waren, gab es kein Aufbäumen. Weder auf dem Rasen noch auf den Rängen. Ganz Schalke ergab sich willenlos dem Schicksal.

Spieler wie Jörg Böhme, Emile Mpenza oder Jiri Nemec spielen im Vergleich zur Vorsaison momentan wie billige Imitate ihrer selbst. Die Abwehr ist verunsichert, aus dem Mittelfeld kommen keine Ideen und der Angriff spielt schlecht. Die Verantwortlichen sind ratlos. Jörg Böhme stellte nach dem Spiel seine Länderspieltauglichkeit in Frage und würde auf das Spiel gegen Finnland, welches in zwei Wochen immerhin in der Arena stattfindet, am liebsten verzichten. „Für die Nationalmannschaft sollten nur die Besten spielen. Davon bin ich zurzeit meilenweit entfernt.“ Von der Spitze der Champions-League auch.

Das Thema hat sich für die „Meister der Herzen“ ziemlich schnell und humorlos erledigt. Positive Erinnerungen werden kaum bleiben. Nur Huub Stevens hat noch nicht ganz aufgegeben: „Unsere Lage ist jetzt ganz schlecht. Aber es bestehen noch Chancen, im internationalen Wettbewerb zu bleiben.“ Er meint damit den Uefa-Cup. Dafür müssen die Schalker allerdings den dritten Gruppenplatz belegen, was angesichts der gezeigten Leistungen und der negativen Stimmung sehr unwahrscheinlich ist. Vielleicht hätten sich die Schalker als Vizemeister konsequenterweise von vornherein für den Uefa-Cup anmelden und die internationalen Spiele im Parkstadion austragen sollen. Schlimmer als am vergangenen Mittwoch hätte es dort auch nicht kommen können.