Kein Brimborium

■ Stepptanz neu interpretiert: „La vida és ritme“ im St. Pauli-Theater

Eisenbeschlagene Schuhe hämmern auf bauchige Trommeln. Jordi Satorra gibt den Rhythmus auf den Bongos vor, Toni Español steigert ihn auf der Djembé. Die Füße dreier Tänzer scheinen über die Trommeln, die ihre Bühne sind, zu fliegen. Immer schneller steppen sie, ehe ein letzter Trommelwirbel das Ende des Stücks ankündigt. Mit einem Sprung, bei dem die drei Tänzer kurze Zeit in der Luft zu stehen scheinen, endet „Entre Pies y Manos“.

„Zwischen Füßen und Händen“ ist der Opener von La Vida és ritme, mit dem Español und seine Kollegen ihre Deutschlandpremiere im St. Pauli-Theater geben. Purer Rhythmus ohne technisches Brimborium und Bühnenbild ist das Erfolgsrezept der fünf Katalanen, die seit 1995 den Stepptanz und seinen Sound neu interpretieren. Getanzt wird nicht auf der Bühne, sondern auf den besagten riesigen Trommeln, jede mit einem eigenen Sound. Die Grundlinien geben die beiden Percussionisten vor. Jordi Satorra ist in Kuba bei namhaften Percussionisten in die Lehre gegangen. Er hat auf Bongos, Conga und Batatrommel Rumba und Cha-Cha-Cha gespielt, und sein Einfluss ist beim Sound der Camut Band so wenig zu überhören wie der afrikanische, für den Toni Español verantwortlich zeichnet. Er hat einige Jahre im Senegal, in Mali und Burkina Faso gelebt, ehe er nach Barcelona zurückkehrte. Dort gründete er seine eigene Percussion-Gruppe, Cae Ma Deila, mit der er auch weiterhin spielt.

1995 lernte er die beiden stepptanzenden Brüder Rafael und Lluís Méndez kennen. Die Idee der Fusion von Stepptanz mit afrikanischen Beats war zwingend, und da die drei für ein längeres Stück Unterstützung brauchten, holten sie Satorra und Guillem Alonso, einen weiteren Tänzer, mit ins Camut-Boot. Alonso ist der Benjamin der Kompagnie und ein genialer Improvisator. Er tanzt bei La Vida és ritme ein Stück in einer mit Sand gefüllten Box und sorgt damit für einen vollkommen neuen Sound.

„Rund die Hälfte der sieben Stücke von La Vida és Ritme haben einen sehr afrikanischen Einschlag, in den anderen finden sich auch karibische Einflüsse“, sagt Toni Español. Doch für ihn hat der Rhythmus ohnehin keine Kinderstube. „Rhythmus kennt keine Grenzen und deshalb haben wir uns auch Camut (dt. Mammutjäger) genannt: Niemand kennt die Rasse der Mammutjäger“, sagt der graumelierte Katalane, „und Rhythmus hat eben auch keine Rasse.“ Genausowenig wie der Tanz der Kompagnie, der von allem etwas enthält: eine Prise Flamenco, klassische Steppelemente und viel Improvisation. Versatzstücke der vielen Stationen rund um den Globus, die die drei Tänzer hinter sich haben.

Knut Henkel

 bis 21.Oktober täglich außer Montag 20 Uhr, Sonnabend auch 23 Uhr, St. Pauli Theater