Wo laufen sie denn?

Morgen darf die NPD erneut durch Berlin demonstrieren. Nur wo, verrät die Innenverwaltung nicht. Gegendemonstranten sammeln sich am Ku’damm

von HEIKE KLEFFNER

Bei der Innenverwaltung herrschte gestern business as usual: „Keine Angaben“ lautet die stereotype Antwort auf die Frage, welche Route die NPD und die militanten Freien Kameradschaften für ihren Aufmarsch am morgigen 3. Oktober zugewiesen bekommen.

Sicher ist bislang, dass die Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet um 11 Uhr am S-Bahnhof Halensee starten und dann ein Stück über den Ku’damm marschieren werden. Frühaufsteher, die sich an „fantasievollen und lautstarken Aktionen an der Demonstrationsroute“ der NPD beteiligen wollen, haben ebenfalls ab 11 Uhr die Wahl: Am Lehniner Platz und am Olivaer Platz hat das Bündnis „Gemeinsam gegen Rechts“, an dem sich zahlreiche Gewerkschaftsvertreter, Kulturinitiativen und Antifa-Gruppen beteiligen, Gegenkundgebungen unter dem Motto „Es gibt keinen Grund zu feiern – den Naziaufmarsch gemeinsam verhindern“ angemeldet.

Wer ausschlafen und trotzdem gegen Nazis „Gesicht zeigen“ möchte, kann sich ab 13 Uhr bei der Kundgebung der „Berliner Initiative: Europa ohne Rassismus“ an der Ecke Nürnberger/Tauentzienstraße einfinden. Dort wird es unter dem Motto „Für ein friedliches Zusammenleben – gegen nationalen Größenwahn“ neben Reden von Kirchen- und Gewerkschaftsvertretern auch ein Kulturprogramm geben. Für die Initiative, der sich über 60 Gruppen und Einzelpersonen angeschlossen haben, betonte gestern der evangelische Landesbischof Wolfgang Huber, es sei wichtig, dass von den Gegenprotesten „ein positives Signal“ ausgehe. „Wenn der 3. Oktober nicht ein Symbol für eine offene Nation und ein Land bleibt, das andere Kulturen achtet, dann verspielen wir jedes Recht, den Tag zu feiern.“ Die Initiative rechnet mit bis zu 5.000 Teilnehmern. Scharfe Kritik an der Informationspolitik der Innenverwaltung übte Claudia Hämmerling (Grüne). Wenn man Aufmarschrouten von Neonazis wie Staatsgeheimnisse hüte, „überlässt man den Rechten die Straße“.

Derweil versuchen die Neonazis mit neuen Slogans ihre verunsicherten Sympathisanten trotz der veränderten internationale Situation bei der Stange zu halten. Während die militanten „Freien Kameradschaften“ zu einer „Friedensdemonstration nationaler Kräfte“ aufrufen, findet sich bei NPD-nahen Gruppierungen das alte Motto mit dem Zusatz „Raus aus der Nato, keine Stimme den Kriegsparteien“. Für die NPD handelt es sich bei dem Aufmarsch auch um das zentrale Wahlkampf-Event vor den Berliner Wahlen. Schon am 1. Dezember drohen NPD und das Kameradschaftsspektrum mit einer weiteren Demonstration, dann gegen die Ausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ des Hamburger Instituts für Sozialforschung, die im Dezember in Berlin gezeigt wird.