Eine Frage der Psychologie

Der deutsche Arbeitsmarkt nach den Attentaten: Bislang gingen keine Jobs verloren. Wirtschaftliche Lage war auch schon vorher nicht rosig. Hotelbranche sucht Personal

BERLIN taz ■ Die Erwartung spielt in der Wirtschaft eine große Rolle – und deshalb fürchten Branchenvertreter derzeit nichts mehr als das beständige Miesmachen der wirtschaftlichen Lage angesichts der Attentatfolgen vom 11. September. „Die Stimmung ist schlechter als die Lage“, betont Volker Nickel, Geschäftsführer vom Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW).

Im Einzelhandel, in der Gastronomie, in der Tourismusbranche und in der Werbewirtschaft hatten die Branchenvertreter in den vergangenen Wochen Umsatzrückgänge angekündigt. Auch in den Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen steigen zwar die Auflagen, die Werbeerlöse jedoch sinken, so Nickel. Hubertus Pellengahr, Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, erklärte, der in diesem Jahr geplante Abbau von 25.000 Arbeitsplätzen im Handel habe jedoch nichts direkt mit den Attentatfolgen zu tun.

Die Hotelbranche rechnet im nächsten Jahr zwar mit einem Rückgang der Übernachtungszahlen um 5 Prozent, sagte Marc Schnerr, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes. Dies sei aber nur zum Teil auf zögerliche Buchungen besonders amerikanischer Gäste zurückzuführen, die schwächelnde Konjunktur spiele dabei ebenfalls eine große Rolle. Von Arbeitsplatzabbau in der Branche sei keinesfalls die Rede. Schnerr: „Wir suchen nach wie vor händeringend tausende von Mitarbeitern.“

Die Fluggesellschaften klagen allerdings über Umsatzeinbrüche. Im Unterschied zu amerikanischen Fluggesellschaften sind bei der Lufthansa in Deutschland zwar keine Entlassungen geplant, aber seit zwei Wochen gelte in dem Unternehmen ein Einstellungsstopp, sagte Lufthansa-Sprecher Wolfgang Weber.

Die deutschen Großbanken forcieren offenbar einen Stellenabbau und werden bis zum Jahre 2003 ihr Personal wohl weltweit um rund 20.000 Mitarbeiter reduzieren, hieß es gestern in Bankenkreisen. Schon die Dresdner Bank hatte in den vergangenen Wochen einen Stellenabbau angekündigt. Diese Veränderungen waren aber schon lange Zeit vor den New Yorker Attentaten geplant. „Vieles wird dem 11. September zugerechnet, hat damit aber gar nichts zu tun“, sagt Werbefachmann Volker Nickel.

BARBARA DRIBBUSCH