DIE RASTERFAHNDUNG WIRKT WIE HILFLOSER AKTIONISMUS
: Puzzle mit zu vielen Teilen

Wer ein Puzzle zusammensetzen will, steht erst einmal vor einem Haufen Einzelteile. Ähnlich ergeht es der Polizei bei der Rasterfahndung nach potenziellen extrem-islamistischen Attentätern. Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Anders als beim Puzzle kennt sie weder das spätere Bild noch die Teile. Sie muss daher selbst ein ungefähres Bild entwerfen und die benötigten Teilchen mühsam zusammensuchen.

Auf das Bild hat man sich geeinigt: Es soll junge arabische Männer islamischen Glaubens im Alter zwischen 20 und 35 Jahren zeigen, die in der Bundesrepublik Technik oder Naturwissenschaften studieren und dabei unauffällig und angepasst leben. Klingt gut, doch schon beim Glauben wird es schwierig. Er muss fundamental-islamisch sein, darf jedoch nicht bemerkbar sein. Ein weiteres Kritium ist die Mehrsprachigkeit: Sie besagt nichts, da jeder ausländische Student zumindest bilingual sein dürfte, wäre er doch ohne Deutschkenntnisse an der Universität verloren. Finanziell unabhängig soll der Gesuchte auch sein – ebenfalls ein Nullkriterium, muss man doch über Einkünfte verfügen, damit man überhaupt in Deutschland studieren darf. Keine Kinder: trifft auf fast alle zu. Reiselustig: Familien und Freunde leben weit entfernt. Als eines der wenigen Merkmale machen häufig als verloren gemeldete Visa einen gewissen Sinn – es sei denn, es handelt sich um einen schlampigen Trottel.

Rasterfahndung absurd: Eigentlich wären gerade jene Studenten zu überprüfen, die durchs Raster fallen. Also fast alle. Denn auf sie trifft das Merkmal der Unauffälligkeit am ehesten zu. Erweisen sie sich wie zu erwarten als unschuldig, hätte man auch noch ideale Kandidaten für eine Green Card gefunden. Technisch gebildet und integriert.

Die Rasterfahndung wirkt wie hilfloser Aktionismus. Falsch ist jedoch der Vorwurf, es handele sich dabei um die Diskriminierung bestimmter Ethnien. Bei der Suche nach arabischen Terroristen macht die Überprüfung von Polen ebenso wenig Sinn wie die Einbeziehung von Iren in einer Fahndung nach chinesischen Mafiosi. OTTO DIEDERICHS