FPÖ setzt sich durch

Österreich beschließt Deutschkurse und Heimatkunde für Ausländer. Bald müssen sie auch Fingerabdrücke abgeben

WIEN taz ■ Integrationsvertrag nennt sich das Papier, das am vergangenen Dienstag von den Regierungsparteien im österreichischen Ministerrat in Wien beschlossen wurde. Danach müssen nicht nur Neuzuwanderer in Zukunft Deutschkurse und Unterricht in Landeskunde absolvieren, sondern auch bereits in Österreich lebende Ausländer, soweit sie noch keinen Arbeitsplatz haben.

Die Kosten sollen zur Hälfte vom Bund oder dem Arbeitgeber übernommen werden. Die andere Hälfte müssen die Betroffenen selber tragen, wenn nicht Land oder Gemeinde einspringt. Wer die Kurse schwänzt oder verweigert, muß mit Sanktionen rechnen: von „verhältnismäßigen Geldbußen“ bis zur Ausweisung.

Mit dieser Version der Verschärfung des Aufenthaltsrechts hat sich die rechtsgerichtete Regierungspartei FPÖ voll durchgesetzt. Fraktionschef Peter Westenthaler gab sich nach der Sitzung „geradezu glücklich“. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sprach feierlich von einem Meilenstein in der Integrationspolitik.

Caritas-Präsident Franz Küberl geht davon aus, daß Zuwanderer in der Regel ohnehin interessiert seien, Deutsch zu lernen, und bedauert, daß die Regierung die Integration auf Sprachkenntnisse und Heimatkunde beschränke. Denn Maßnahmen, die Ausländern den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern und zu Sozialwohnungen ermöglichen würden, sind nicht vorgesehen. SPÖ-Geschäftsführerin Andrea Kuntzl sprach von einem Kniefall der ÖVP vor der FPÖ und schenkte Innenminister Ernst Strasser ein paar Knieschützer für die nächste Verhandlungsrunde.

Ungeklärt sind Detailfragen, etwa ob es Prüfungen geben wird und wie zu verfahren ist, wenn nicht ausreichend Kursplätze angeboten werden. Die Abschiebung wegen mangelnder Deutschkenntnisse ist nach Ansicht von Juristen völkerrechtswidrig und daher nicht durchführbar.

Die FPÖ hatte sich durch ihre Forderung nach Einführung des Polizeistaats im Schnellverfahren eine günstige Verhandlungsposition geschaffen. Westenthalers Ruf nach „Fingerprints für alle“, also die flächendeckende Erfassung der Fingerabdrücke von In- und Ausländern, wurde willig geopfert. Nach dem Beschluß des Ministerrats soll Österreich aber als eines der ersten Länder in Europa so bald wie möglich anerkannten Flüchtlingen und Asylbewerbern die Fingerabdrücke abnehmen. RALF LEONHARD