Hafen soll nicht schlafen

■ Baumwolle zu Schiffsmodellen: Auch ein Hafenmuseum passt in den großen Bauch von Speicher XI

Der Hafen ist tot, es lebe das Hafenmuseum! Monolithisch ragt der 400-Meter-Riegel des Speicher XI aus der Sandwüste auf, in die sich der zugeschüttete Überseehafen verwandelt hat. So lange der geplante Großmarkt noch nicht steht, kann man auf der weiten Fläche geradezu arabische Gefühle entwickeln – inklusive der tunesischen Speicherburg am Horizont.

Mit Großmarkt sieht's sicher bremischer aus und der alte Speicher hat wieder ein zweigeschossiges Pendant, wie er das früher – in Gestalt von Packhäusern – gewohnt war. „Originale Begegnung am originalen Ort“ heißt das Konzept, mit dem das Focke-Museum seinen Teil zum Speicher-XI-Revival beitragen will. Als Mitbewohner der Hochschule für Künste und des Rundfunkmuseums wollen Fockes 2.700 Quadratmeter des alten Baumwoll-Lagers den maritimen Wurzeln der Stadt widmen. Nicht in der virtuellen Art, in der ab Ende November im Sankt-Jacobus-Packhaus im Schnoor hanseatische Geschichte präsentiert wird – per Computersimulation – sondern schön objektorientiert.

Hunderte von Schiffsmodellen stapeln sich in den Focke'schen Magazinen, auch die Bremer Lagerhaus-Gesellschaft, die den Hafen bereits in Richtung Kennedy-Platz verlassen hat, hinterlässt dem zukünftigen Museum seine Schauobjekte: unter anderem eine komplette Kapitänskajüte. Das Wechsel-Spiel von Ort und Begegnung geht munter weiter: So mancheR SchwachhausenerIn sei noch nie am Bremer Hafen gewesen, ist bei Vorbesichtigungen im Speicher XI zu hören; doch nun soll der brache Hafen ans Innerstädtische angedockt werden. Über den alten Holzhafen könne man den Speicher an die Hafenrundfahrt anbinden, erklärt Heinz-Gerd Hofschen vom Focke-Museum, auch eine Schienentour im Hafengelände sei angedacht.

Auf dem Dach soll's ein Restaurant mit Domblick geben (auch als Mensa für die Studierenden der HfK gedacht), ergänzt Investor Klaus Hübotter voll Elan. Gerade hat er – unterstützt mit 4,3 Millionen Mark von den Wirtschaftsförderungsausschüssen – die Asbest-Sanierung des Speichers abgeschlossen, zudem ist der Erhalt der 430 Sprossenfenster von 1910 nun beschlossene Sache. Die sollten zunächst aus Kostengründen ausgewechselt werden.

Wechsel-Spiele auch in der Finanzierung des Hafenmuseums: Fockes wollen mit einer neuen Spielart des „Public-Private-Partnership“ experimentieren: Nachdem sie mit der privaten Finanzierung ihres neuen Fundus' gute Erfahrungen gemacht haben, soll's nun umgekehrt gehen. Diesmal sind es die Betriebskosten von jährlich 480.000 Mark, die durch Sponsoren finanziert werden sollen. 360.000 davon sind bereits zusammenkommen, der Rest soll unter anderem mit Hilfe eines Unterstützungsvereins gesammelt werden – „kein zu verallgemeinerndes Modell“, betont Focke-Chef Jörn Christiansen. Denn „normale“ Museumsarbeit lasse sich auf diese Art kaum finanzieren. Die erstaunlich geringen Betriebskosten des Hafenmuseums erklären sich offenbar durch den Dependance-Charakter: Lediglich drei zusätzliche Stellen im Aufsichtsbereich seien erforderlich, um den Laden – ab Mitte 2003 – am Laufen zu halten.

Henning Bleyl