Ja oder Nein zum Krieg?
: „Erst wenn ...“

■ Wie stehen Bremer Politiker zum Krieg? Eine kleine Umfrage (1)

taz: Wenn im Bundestag in den nächsten Tagen abgestimmt wird über den Einsatz deutscher Soldaten zum Sturz des Taliban-Regimes in Afghanistan - stimmen Sie da zu?

Volker Kröning: Nein.

Warum nicht?

Ich stimme erst zu, wenn nicht nur dem Nato-Rat in Brüssel, sondern auch dem Deutschen Bundestag - an Beauftragte gerne vertraulich - die Beweisführung dafür geliefert wird, die eindeutig auf das Taliban-Regime verweist.

Derzeit wäre Krieg gegen Afghanistan völkerrechtlich gesehen ein Angriffskrieg?

Bevor wir wissen, welchem Ziel ein Vorgehen der Amerikaner in Afghanistan gilt, können wir es nicht als einen Angriff gegen den Staat Afghanistan qualifizieren. Ich gehe davon aus, dass die Voraussetzungen des Rechtes auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung, das auch die UN-Charta anerkennt, erfüllt sind und dass es sich bei dem Vorgehen der Amerikaner, wenn es denn so eintritt wie vermutet, um einen Gegenangriff gegen Täter oder Teilnehmer handelt, wie ihn auch der Sicherheitsrat der vereinten Nationen unmittelbar nach dem Terroranschlag legitimiert hat.

Wenn es um die Täter geht, müsste ja eher Hamburg bombardiert werden als Kabul.

Die Täter sind nicht mehr in Hamburg, es geht im Wesentlichen um die Ausrüster und Gehilfen.

In dem Personengeflecht der Täter sind offenbar verschiedene arabische Nationalitäten vertreten. Was könnte ein Schlag gegen Afghanistan ausrichten - außer eben einer Provokation der Gegen-Solidarisierung?

Ein Staat haftet nicht dafür, was Bürger dieses Staates auch als Terroristen in seinen Grenzen oder auch außerhalb in einem anderen Staat tun. Deshalb kommt es nicht auf die Nationalität der Helfer und Helfershelfer an. Im Falle des Taliban-Regimes kommt es darauf an, ob es Bin Laden bei Vorbereitungshandlungen unterstützt hat.

Das wäre zu beweisen.

Ja. Auch um Dritten gegenüber, und das ist ein großer Teil der islamischen Bevölkerung, dieses Vorgehen überzeugend erklären zu können.

Die USA haben sich auch im Fall Nicaragua nicht ans Völkerrecht gebunden gefühlt. Haben sie Sorge, dass das in diesen Tagen wieder so geschehen könnte?

Das Problem liegt weniger im Recht zum Krieg (ius ad bellum) als im Recht im Krieg (ius in bello). Der Gegenschlag - wie es heißt - dient der Verteidigung und der Vorbeugung. Rache und Vergeltung sind völkerrechtswidrig. Ich will es in der Form eines Appells ausdrücken: Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die Zivilbevölkerung geschont wird, dass zivile Objekte, von denen die Bevölkerung abhängt, geschont werden. Ganz praktisch gesprochen kommt es darauf an, die humanitäre Katastrophe, von der man unter dem Taliban-Regime sprechen muss, nicht noch zu steigern, sondern zu überwinden. Fragen: K.W.