Endlich Duschen

■ Nach einer Odysee nach neuen Räumen zieht das anerkannte Drogenprojekt JES in neue Räume, nur ein paar Häuser weiter

Sauna steht draußen noch dran. Genauso wie eine Leuchtreklame fürs Sonnenstudio. Drinnen scheint jetzt die Sonne für die Selbsthilfeinitiative für Junkies – Ehemalige – Substituierte, kurz JES genannt. Die gestern in der ehemaligen Findorffsauna ihre neuen Café-Räume eröffneten – und gleichzeitig zehnjähriges Bestehen feierten.

„Das ist ja ein Palast“, entfuhr es einigen sofort. Natürlich kein richtiger. Dafür ist die ehemaligen Sauna zu eng und verwinkelt mit ganz viel Holz und zwei kleinen Räumen für's Café. Aber im Vergleich zur früheren Bleibe (feucht, dunkel und teuer) ein echtes Plus. „Für die schwierige Arbeit bringt das bestimmt Aufschwung“, meint Bremens Drogenbeauftragter Anton Bartling.

Denn JES ist die einzige Selbsthilfegruppe auf Bremer Flur, die niedrigschwellige Hilfe für Ex-Junkies bietet. „Ein wichtiger Baustein im Drogenhilfesystem“, ergänzt Bartling. Die Leute von JES sind keine Sozialarbeiter, sie bringen ihre eigenen Drogenerfahrungen mit. „Betroffene Kompetenz“, nennt Marco Jesse vom Vorstand das.

Damit können ganz andere Leute angesprochen werden: Diejenigen, die mit Bremens offizieller Drogenberatung eher schlechte Erfahrung gemacht haben. Diejenigen, die nicht die letzen 24 Stunden clean waren. Oder auch diejenigen, die sich stabilisiert haben, und dort Unterstützung finden, vielleicht den Kaffeedienst übernehmen. Undsoweiter.

10 bis 15 Leute kamen bislang immer ins Café. „Die Hälfte sind Stammgäste“ meint Marco Jesse. In den neuen Räumen rechnet er bald mit 25 Gästen. Schließlich ist der Bahnhof nicht weit: „Gerade mal zwei Haltestellen mit derm Bus.“ Auch zum Viertel ist es nicht ewig weit.

Bis zur neuen Bleibe in der Sauna war es allerdings ein langer Weg. Die Selbsthilfegruppe musste aus den alten Räumen raus – das Sozialressort wollte die hohe Miete nicht mehr zahlen. Nur was Neues kam lange nicht in Sicht. Potenzielle Vermieter wimmelten ab. Der Beirat Mitte wollte Jes nicht im Viertel haben. Auch in der Neustadt war nix zu machen. Junkies oder Ex-Junkies in der Nachbarschaft – hörte Marco Jessen allerorten – wären schlecht für's Geschäft.

Der rettende Anruf kam schließlich aus dem Ortsamt West. Die Sauna in der Findorffstraße musste raus, ein Nachmieter wurde dringend gesucht, JES brauchte bloß ein paar Häuser weiter hoch zu ziehen, blickt jetzt geradewegs auf die Planen für die Messehalle VII – das ganze für 600 Mark weniger im Monat.

Dagegen konnte in Findorff niemand etwas haben: Der Beirat, die Nachbarn, die Stadtteilpolitiker kennen JES schon lange. Waren dort nie negativ aufgefallen. „Als wir auszogen, haben ein paar Anwohner sogar gefragt, was wir eigentlich machen“, erklärt Jesse. Von wegen schlecht für's Geschäft.

Die Sauna gibt es natürlich immer noch. Die steht im Keller. Klasse, sagt Marco Jesse: Denn die Duschen werden dringend benötigt. Auch Wäsche kann jetzt gewaschen werden. Dorothee Krumpipe