Letzter Warnschuss für die Mensafraktion

Die PDS findet es gar nicht witzig, dass ihr Hamburger Landesverband Verständnis für die Terroranschläge zeigt

DRESDEN taz ■ Sie wären gern cool. So richtige Revolutionäre, mit Bart, Kalaschnikow und so. Sie würden gern kämpfen, dort, wo was los ist. In Bolivien vielleicht. Mit Che Guevara. Zur Not ginge es auch ohne ihn.

Aber sie haben keinen Bart. Sie haben Milchgesichter. Sie sehen aus wie Mathematikstudenten. Sie haben keine Kalaschnikow. Sie sind harmlos.

Sie sind PDS-Mitglieder aus Hamburg. Sie sind einfach nur durchgeknallt, mehr nicht. Heute haben sie nicht mal Bananen dabei. Dabei waren Bananen bisher ihre Waffen. Markenzeichen ihres, nun ja, Terrors.

Auf dem Parteitag in Münster vor zwei Jahren haben sie damit die ganze PDS in Schach gehalten. Sie haben die Bananen auf Gysis Stuhl gelegt, als Zitat der berühmten Ossi-Banane. Sie wollten damit zeigen, dass Gysi mit seiner Machtgeilheit längst im Westen angekommen war. Münster endete im Chaos. Gysi ging. Bisky ging. Irgendwie dachten damals alle, die Hamburger seien schuld. Gysi beschimpfte sie als „durchgeknallte Mensastudenten“. Seitdem sind die Hamburger das Hassobjekt Nummer eins in der PDS.

Aber rausgeschmissen aus der Partei haben sie sie bis heute nicht. Die Führung in Berlin wollte das Problem anders lösen. Sie organisierte in Hamburg andere Mehrheiten. Sie ließ von moderaten Genossen einen neuen Landesvorstand wählen. Blöd nur, dass diesen Genossen dabei ein Formfehler unterlief. Das Hamburger Oberlandesgericht setzte die Mensastudenten Anfang September wieder als Landesvorstand ein. Und heute sitzen vier Delegierte von ihnen wieder auf einem PDS-Parteitag rum. Aber ohne Bananen. Das könnte ein Zeichen sein. Kapitulation?

„Nein, nein“, sagt Kristian Glaser, der Landesvorstandssprecher, „die Bananen haben wir diesmal selbst gegessen.“ Er muss grinsen. Dabei ist der ganze Parteitag in Dresden gegen die Hamburger. Im Vorfeld haben sie ja auch wieder alles dafür getan. „So was kommt von so was“ stand über der Erklärung ihres Landesverbands zu den Terroranschlägen in den USA.

Am Abend vor dem Parteitag war der Bundesvorstand noch dafür, den Hamburger Landesverband in Dresden einfach aufzulösen. Dann bekam der Vorstand kalte Füße. Der ganze Parteitag stand auf der Kippe. Sollten sie jetzt auch noch das Risiko mit den Hamburgern eingehen?

Der Vorstand entschied sich für einen letzten Warnschuss. In ihrer Rede schrie Parteichefin Gabi Zimmer die Hamburger regelrecht nieder. „Psychoterror“ würden sie betreiben. „Das Maß ist schon lange voll“, ruft Zimmer. Der Parteitag verabschiedet einen Antrag, in dem das Verhalten der Hamburger als „unvereinbar“ mit den Grundpositionen der PDS bezeichnet wird. Auf dieser Grundlage, glaubt der Bundesvorstand, können die Hamburger bei neuen Querschlägen ausgeschlossen werden. Lieber wäre der Parteiführung jedoch, in Hamburg setzten sich moderate Genossen durch.

Und die Hamburger? Tun ganz cool. „Ist doch gut gelaufen“, sagt Glaser. „Dresden war ein Friedensparteitag.“ Das riecht nicht nach Terror. JENS KÖNIG