Spurensuche intensiviert

19jähriger Hesse als Taliban-Kämpfer in Pakistan festgenommen. Neue Erkenntnisse des FBI über Organisationsstruktur der Attentäter. Ermittlungen auch gegen syrischen Kaufmann in Hamburg

BERLIN/HAMBURG/WASHINGTON taz/AFP/dpa ■ Ein mutmaßlicher deutscher Taliban-Aktivist ist vor zwei Wochen in Pakistan festgenommen worden. Der 19-Jährige aus Hessen wurde nach einem Bericht des Magazins Focus bei der Taliban-Miliz in Afghanistan ausgebildet. Das Auswärtige Amt bestätigte am Samstag die Festnahme des Deutschen, ohne Angaben zu den Hintergründen zu machen. Laut Bild am Sonntag hatte der Mann jahrelang Kontakt zu dem mittlerweile geschlossenen Taliban-Büro in Frankfurt am Main.

Der Deutsche wurde laut Focus nach eigenen Angaben in Kandahar, dem mutmaßlichen Hauptwohnort des islamischen Fundamentalistenführers Ussama Bin Laden, militärisch gedrillt. Er habe bei den Taliban zudem Nachtwachen gehalten und die örtliche Koranschule besucht, berichtet Focus unter Bezug auf interne Unterlagen des Bundeskriminalamtes (BKA). Er soll sich schon im Alter von 13 Jahren für den kämpferischen Islam interessiert haben. Im April 2001 sei er nach Afghanistan gereist.

Unterdessen haben die FBI-Ermittler inzwischen diverse Erkenntnisse über die Organisationsstrukturen der 19 mutmaßlichen Flugzeugentführer zusammengetragen: Danach erfolgte die Planung und Ausführung wahrscheinlich in zwei Gruppen – mit insgesamt sechs Anführern und 13 Gefolgsleuten. Der ehemalige Hamburger Student Mohammed Atta flog offenbar zwei Monate vor den Anschlägen von Miami nach Spanien. Die spanische Polizei sagt, Attas Papiere seien in Ordnung gewesen. Nun versucht man herauszufinden, ob sich Atta in dieser Zeit mit Vertrauten Bin Ladens oder Mitgliedern einer algerischen Terrorzelle traf.

Der Spiegel berichtet, nun werde vom Bundeskriminalamt doch gegen den in Hamburg lebenden Syrer Mamoun Darkazanli ermittelt. Der 43jährige gilt als Kontaktmann zu dem 1998 in Bayern festgenommenen Exfinanzchef Bin Ladens, Mahmud Salim. Nach Angaben des Spiegel steht er im Verdacht, die Selbstmordattentäter finanziell und logistisch unterstützt zu haben. Darkazanlis Name und sein Import-Export-Unternehmen tauchen auf einer Liste von mehr als 350 Personen, die nach Polizeiermittlungen möglicherweise im Zusammenhang mit den Terroranschlägen in den USA stehen. Die Tabelle wurde vom Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) aus den Angaben von Ermittlungsbehörden zusammengetragen. Bundesanwaltschaft und BKA lehnten eine Stellungnahme ab.

Der Kaufmann soll zugegeben haben, die mutmaßlichen Terrorpiloten Mohamed Atta und Said Bahaji zu kennen. Die Polizei hatte den Syrer bereits Ende September vernommen, ihn aber wieder laufen lassen.

Den Berichten zufolge wollte zudem mindestens ein weiterer in Hamburg lebender Araber an den Attentaten teilnehmen. Nachdem ihm die USA kein Visum erteilt hätten, habe er ein Hotelzimmer in Miami storniert und als Kontakt die Handynummer des 29-jährigen Jemeniten Ramzi Binalshibh angegeben, der von den Fahndern weltweit per Haftbefehl gesucht wird. jago