Skrupelose FDP strebt an die Macht

■ Die Hanse-Liberalen nehmen die Koalitionsverhandlungen mit Schill und CDU auf

Die Hamburger FDP hat keine Skrupel, sich mit einem Ronald Schill an einen Regierungstisch zu setzen. Der Landesparteitag der freien DemokratInnen hatte zwar bis zum Redaktionsschluss gestern Abend noch nicht darüber abgestimmt, ob man Koalitionsverhandlungen mit CDU und Schill aufnimmt, doch zeichnete sich während der Debatte im Lauf des Abends eine deutliche Mehrheit für den Pro-Schill-Kurs von Spitzenkandidat Rudolf Lange ab. Der Konteradmiral im Ruhestand mühte sich gestern bei der Bewertung der bisherigen Sondierungsgespräche mit Schill, sowohl die Gemeinsamkeiten mit dem Politrichter herauszustreichen, als auch die eigenständige Position seiner Partei in dem Rechtsblock hervorzuheben. „Wir sind ein gutes Team“, attes-tierte er dem Dreibund, er habe bei den Schill-Leuten „überraschende Sachkompetenz“ festgestellt. Die Vorstellungen Schills zur Inneren Sicherheit versuchte er weitgehend zu verharmlosen und als mit dem FDP-Programm vereinbar zu verkaufen. Die Entwicklung der FDP sei „eine Wende zur Normalität“.

Man habe bei der Inneren Sicherheit „maßvolle und unseren liberalen Grundsätzen folgende Regelungen gefunden“, fand Lange, der als Bildungssenator der künftigen Koalition gehandelt wird. Schill sei „von seinen völlig überzogenen Forderungen aus dem Wahlkampf abgerückt“. Als Beispiel nannte er Schills Vorstellungen, Bettler aus der Innenstadt zu vertreiben. Davon sei in den Sondierungsgesprächen keine Rede mehr gewesen. Ansonsten könne man über den gnadenlosen Richter nur sagen: „Wo er Recht hat, hat er Recht.“ Das haben offenbar auch die meisten Delegierten so gesehen. Während Langes Ansicht, „wir können uns dem Auftrag des Wählers nicht entziehen“, mit großem Applaus quittiert wurde, stand der Bezirk Bergedorf ziemlich allein im Regen, der sich höchstens eine Duldung eines CDU-Schill-Senates vorstellen konnte. Wie aus dem Bezirksverband berichtet wurde, habe der Landesvorstand über dieses Votum nur gelacht. „So viel zur politischen Debattenkultur in unserer Partei“, so ein Bergedorfer Delegierter. Kritische Stimmen darüber, dass die FDP Schill-Positionen wie die Einrichtung geschlossener Heime schluckt, verhallten so gut wie ungehört. Die Richtung hatte der amtierende Landesvorsitzende Reinhard Soltau bereits am Beginn des Abends vorgegeben. Soltau, der das Amt des Parteichefs wie vereinbart kommissarisch übernommen hat, weil Lange das Amt nach Übernahme des Fraktionsvorsitzes abgegeben hat, zuckte die Achseln: „Wir können uns nun mal den Wunsch-Koalitionspartner nicht schnitzen.“ Peter Ahrens