Stadtgrün – der Kopf soll ab

■ In dieser Woche sollen die Weichen für die Zukunft von „Stadtgrün“ gestellt werden / Mögliche Privatisierung des städtischen Eigenbetriebes umstritten

Zwei Monate lang flogen die Fetzen, am kommenden Freitag sollen Umweltdeputation und „Eigenbetriebsausschuss“ gemeinsam tagen und die Weichen für die Zukunft von „Stadtgrün“ stellen.

Der Eigenbetrieb Stadtgrün - „Gartenbauamt“ hieß die Behörde früher - ist für die Planung und die Betreuung der Grünflächen zuständig, von den Friedhöfen bis zum Grünstreifen der Straßen. Etwa 400 Mitarbeiter arbeiten dafür, 20 Millionen Mark kostet allein der staatliche Anteil. Das ist genauso viel Geld wie die Summe, über die die Umweltsenatorin in einem Jahr verfügen kann. Das bedeutet: Jede Kosten-Ersparnis bei „Stadtgrün“ bringt dem Umweltressort erheblichen finanzpolitischen Spielraum.

Dass es Sparpotentiale gibt, ist bekannt - die Unternehmensberater von Roland Berger sollten mit einem Gutachten Druck machen. „Grundsätzlich ist ein Eigenbetrieb nicht die zukunftsweisende Organisationsform für derartige Aufgaben“, formulierten die Berger-Gutachter in einem taz-Interview am 25.8., bei dem Eigenbetrieb sei nicht einmal klar, „welche internen Kosten welcher Leistungserbringung zugeordnet werden können“. Vernichtender kann das Urteil über die unternehmerische Führung eines Betriebes nicht ausfallen.

Dass die Berger-Gutachter sich mit ihrer Meinung öffentlich - in der taz - festgelegt haben, hat bei Senatorin Christine Wischer für Empörung gesorgt. Sie verständigte sich nicht mit der CDU, sondern mit dem Personalrat und stellte klar: Eine Privatisierung von „Stadtgrün“ soll nicht das Ergebnis der Beratung sein.

Die grüne Fraktionsvorsitzende Karoline Linnert kommt der Senatorin zu Hilfe: „Wer so ungeschickt froh sein Pulver verschießt, kann mich nicht wundern, wenn er den Rückhalt der Politik verliert“, sagt sie. Verwaltungsreform gehe nicht in der Konfrontation, und man dürfe auch nicht Sparpolitik nur zu Lasten der kleinen Leute machen.

Nach verschiedenen Krisengesprächen ruderten die Berger-Leute vorsichtig zurück: „Eine Vollprivatisierung bringt keine finanziellen Vorteile“, steht nun in ihrem Abschlussbericht. Mit deutlich eingebauter Bremse formuliert die Berger-Expertise, es wäre „unerlässlich, Instrumente und Verfahren zu implementieren, die zumindest mittelfristig sicherstellen, dass die Leistungserbringung zu Wettbewerbskonditionen erfolgt“. Und: „Empfehlenswert ist die Einstellung einer Interimsführung...“

Die Berger-Berater haben Kreide gefressen. Über Monate hat der Stadtgrün-Chef Klaus Rautmann ihre Untersuchung blockiert, wo es nur ging. Das Ergebnis, formulierte er jetzt, „entbehrt einer stichhaltigen Begründung“. Die geplante organisatorische Trennung von „Auftraggeber“ und „Auftragnehmer“, die etwas Transparenz ermöglichen soll, habe „negative Konsequenzen“, Rautmann lehnt selbst diesen Schritt ab. Die 300.000 Mark für das Roland-Berger-Gutachten sind für den Stadtgrün-Chef rausgeschmissenes Geld: „Leider gibt Roland Berger wenig hilfreiche Hinweise auf konkrete Optimierungsmaßnahmen.“

So weit geht die Umweltsenatorin nicht. „Effizienzsteigerungspotentiale“ gebe es, heißt es in ihrer Zusammenfassung für die Deputation, wegen fehlender Transparenz sei aber offen, wie groß die Potentiale wirklich sind. Dass es keine Transparenz gibt, verweise auf „Steuerungsdefizite“ und liege an dem „fehlenden Zusammenhang zwischen den Kosten und der erbrachten Leistung“. Dem Eigenbetrieb „Stadtgrün“ soll aber „die Möglichkeit eröffnet werden, sein Leistungsvermögen unter Beweis zu stellen“, heißt es. Und das geht so: Aufträge der Grünpflege sollen mehr als bisher an private Gärtnereien vergeben werden, aber nur, solange Stadtgrün „nicht durch Unterauslastung unwirtschaftlich“ wird.

„Weitere Konkretisierungen“ der Reform des Eigenbetriebes sollen „unter Einschaltung von Roland Berger“ vorgenommen werden. Die Umweltsenatorin „beabsichtigt, die Stelle des/der Leiters/in der operativen Einheit Stadtgrün neu zu besetzen“, beteuert sie. Aber die Zeit reicht nicht, um bis zum Vertragsende von Stadtgrün-Chef Rautmann am 31.12.2001 einen Nachfolger zu finden - also werden sich die Berger-Berater noch weiter mit ihm um „Optimierungsmaßnahmen“ bemühen.

Klaus Wolschner