Für alle Fragen offen

Das Afghanische Kulturzentrum will nun Anlaufstelle für alle sein, die Beistand suchen. Zuerst kommt die Presse

Das Kamerateam steht bereit, und auch die Mitarbeiterinnen des Afghanisches Kommunikations- und Kulturzentrums wissen, was sie zu tun haben: die Haustür öffnen und hineingehen. Am Morgen nach dem Beginn der Angriffe auf Afghanistan geben sich hier in der Neuköllner Friedelstraße die Reporter die Klinke in die Hand. Das Kulturzentrum empfängt sie mit mehreren Mitarbeitern: Zwei stehen im Foyer, und im Nebenraum sitzt Abdullah Zekria.

Zekria ist Vorstandsmitglied des Zentrums und für die Pressearbeit zuständig. Die Nacht über hat er CNN gesehen, er ist offensichtlich müde. Und dennoch versucht er alle Fragen zu beantworten, besonders seinen Landsleuten: „Die Leute hier haben Vertrauen zu uns“, sagt er, und dass viele der rund 800 in Berlin lebenden Afghanen bei ihnen angerufen hätten – zum Teil unter Tränen. Sie fragen nach ihren Angehörigen, sie bitten, dass ihnen das Kulturzentrum direkten Kontakt nach Afghanistan herstellt, weil sie mit dem Telefon selbst nicht durchkommen. „Aber wir können ihnen auch nichts Neues sagen“, sagt Zekria. Was bleibt, ist der Versuch, den Leute eine Anlaufstelle zu geben und sie zu beruhigen. Doch dabei hat Zekria selbst wenig Hoffnung, dass es ein kurzer Krieg wird, in dem Zivilisten verschont bleiben.

Viele im Kulturzentrum plagen ähnliche Sorgen wie die Anrufer: Zwei Mitarbeiterinnen haben Verwandte in Kabul. Aber auch sie sind ohne Nachricht von ihnen, der Telefonkontakt ist bereits am Samstag abgebrochen. Eine der beiden,Terschkowa Obaid, sitzt in einer Sofaecke und beantwortet den Journalisten ebenso wie Zekria alle Fragen – gelegentlich auch deutlicher. „Waren heute schon Afghanen da?“ „Heute Morgen sind es nur Journalisten. Bei all den Presseanfragen kommt man telefonisch ja nicht zu uns durch.“

FRIEDERIKE GRÄFF