EU ist sich einig

Die Außenminister der EU wenden sich an „das afghanische Volk“ und wünschen ihm neue Regierung

BRÜSSEL taz ■ Einmütig positiv haben die Außenminister der Europäischen Union bei ihrem regulären Treffen gestern in Luxemburg auf die amerikanischen Angriffe in Afghanistan reagiert. Sie verabschiedeten eine von der belgischen Präsidentschaft vorbereitete Erklärung, in der es heißt, das afghanische Volk verdiene eine Regierung, die wirklich repräsentativ sei und auf seine Bedürfnisse und Wünsche eingehe. Eine solche Regierung werde in der EU einen Partner finden. Auf Wunsch mehrerer Minister wurde zusätzlich der Satz eingefügt, dass der UNO in der Nach-Taliban-Ära eine wichtige Rolle zukomme.

Auch der Präsident der EU-Kommission, Romano Prodi, nahm schriftlich zu den Angriffen von Sonntagnacht Stellung: „Wir sind und bleiben geschlossen im Kampf gegen die, die die Grundlagen der Zivilisation angreifen. Unser Kampf richtet sich nicht gegen Religionen oder Völker“.

Ein Sprecher der EU-Kommission nannte in Brüssel Zahlen über den Umfang der humanitären Hilfe der EU in Afghanistan. 1999 gab die EU 35,7 Millionen Euro – einschließlich Lebensmittelhilfe und Infrastrukturmaßnahmen für die Nachbarländer. In diesem Jahr sind 100 Millionen Euro beantragt, ein Viertel davon muss allerdings noch von Rat und Parlament freigegeben werden. Die Mitgliedsstaaten haben zusätzlich mehr als 200 Millionen Euro bereit gestellt.

Am Rande des Luxemburger Ratstreffens betonten die Außenminister vor Journalisten ebenfalls die humanitären Aspekte der Offensive. Präsident Bush habe darauf hingewiesen, dass die Angriffe gegen die Taliban von Hilfsflügen für die notleidende Bevölkerung begleitet seien. Der britische Außenminister Jack Straw sagte, die internationale Gemeinschaft werde mit Unterstützung der Vereinten Nationen in Afghanistan Stabilität herstellen, sobald die Taliban besiegt seien.

Der deutsche Außenminister Joschka Fischer betonte, dass die politische Weichenstellung für das Land von den Afghanen selber kommen müsse. Die Nordallianz sei nur ein Element in einem Zukunftsszenario, da sie sich aus Minderheiten zusammen setze. Ohne die paschtunische Mehrheit könne keine dauerhafte politische Lösung erreicht werden. Im Moment scheine der im italienischen Exil lebende afghanische Ex-König Sahir Schah die einzige Integrationsfigur zu sein. Er ist allerdings 86 Jahre alt.

Die Minister wollen zudem die Beziehungen der EU zu Ländern ausbauen, die die internationale Allianz gegen den Terrorismus unterstützen.Sie wollen engere Beziehungen etwa zu Indien, Iran und vor allem Pakistan erörtern, hieß es in Diplomatenkreisen.

Am Nachmittag wollten die Minister noch eine Verordnung verabschieden, mit der die Finanzierung des Terrorismus erschwert werden soll. Demnach sollen EU-weit die Konten von 27 Terrororganisationen oder Einzelpersonen gesperrt werden.

DANIELA WEINGÄRTNER