Schüsse werden untersucht

Eine Untersuchungskommission soll jetzt die näheren Umstände des Todes dreier Palästinenser bei einer Demonstration im Gaza-Streifen klären. Hamas warnt vor einer weiteren Eskalation

aus Jerusalem SUSANNE KNAUL

Einen Tag nach den Studentendemonstrationen in Gaza, bei denen drei Palästinenser von den eigenen Sicherheitsleuten erschossen worden waren, beschloss die Führung im Gaza-Streifen, ein Untersuchungskomitee einzurichten. Die beiden großen Universitäten in der Stadt Gaza wurden für zwei Tage geschlossen. Vonseiten der Autonomiebehörde wurden die Zwischenfälle „sehr bedauert“. Alle nationalen und islamischen Kräfte sollten sich nun vereinen, um die „verdächtigen Elemente“ auszumachen und zu bestrafen.

Die drei Palästinenser waren bei einer verbotenen Solidaritätskundgebung mit dem afghanischen Volk und Ussama Bin Laden erschossen worden. Siad Abu Siad, Minister für Jerusalem-Angelegenheiten, kommentierte den Tod der „Märtyrer“ als inakzeptabel. Es ginge nicht an, dass „das Feuer auf palästinensische Jugendliche eröffnet wird“. Dennoch müssen Gesetz und Ordnung gewahrt werden. „Es scheint, als habe die Situation eine Tradition geschaffen, ohne Genehmigung zu demonstrieren“, sagte der Minister dem qatarischen Fernsehsender al-Dschasira. Abu Siad fügte hinzu, er glaube, es ginge bei der Demonstration „ eher um den Kampf gegen die israelische Besatzung als um die Unterstützung von diesem oder jedem“. Für den Chefredakteur der islamischen Wochenzeitung Resale (Botschaft), Gasi Hamad, besteht kein Zweifel, dass die Studenten ihre „Solidarität mit den Muslimen in Afghanistan ausdrücken wollten“. Die Anhänger der islamischen Bewegungen seien zwar „sehr wütend“ über die Schüsse, dennoch „will niemand einen Krieg unter Brüdern“. Die Angelegenheit sei ein „temporäres Problem“.

Offene Auseinandersetzungen unter Anhängern der Fatah, der Partei Arafats, und der islamisch-fundamentalistischen Hamas, bei denen Menschen getötet wurden, hatte es zum letzten Mal vor über fünf Jahren gegeben. Trotz ideologischer Konflikte einigte man sich, weiteres Blutvergießen unter den Palästinensern zu verhindern. Nicht ohne Grund beeilte sich die Autonomiebehörde mit der Einrichtung einer Untersuchungskommission. Ungeklärt blieb, ob nur Polizisten oder auch Demonstranten geschossen hatten.

Mahmud al-Sahar, Sprecher der Hamas im Gaza-Streifen, nannte die Vorfälle einen „Angriff auf öffentliche Freiheit und freie Meinungsäußerung“. Die Demonstranten hätten nur „ihren Ärger auf die USA zum Ausdruck gebracht“. Die Zwischenfälle indizierten, dass es einen Bruch im palästinensischen Volk gäbe. „Jeder hat Angst, dass die Flamme zum Feuer wird.“

Während die Situation im GazaStreifen außer Kontrolle geriet, unterdrückten die Sicherheitsleute in Westjordanland jeden Versuch einer Solidaritätskundgebung schon in den Anfängen. Bilder von Bin Laden waren kaum zu sehen. Die palästinensischen Sicherheitsleute hinderten zudem ausländische Journalisten daran, Interviews zu machen. Der Gaza-Streifen blieb für die internationalen Medien komplett geschlossen.