Paternalismus und Aufbegehren

■ US-amerikanische Highschool-Filme: Das Metropolis eröffnet seine Reihe mit „Denn sie wissen nicht, was sie tun“, „Die Saat der Gewalt“ und „Heathers“

Dem Lexikon gilt die Pubertät als jene Phase im Menschenleben, die zur Geschlechtsreife führt und körperliche wie seelische Veränderungen mit sich bringt. Kurz: Pickel und Probleme. Wer die Flegeljahre hinter sich gelassen hat und beim Gedanken an sie keine Schmerzen verspürt, den wird auch die Highschool-Filmreihe des Metropolis nicht um die erwachsene Abgeklärtheit bringen. Alle anderen, die mit sich und ihrer Haut im Unreinen waren, mögen sich gemeint fühlen.

Als die Evolution ab Mitte der 50er Jahre in den USA beschloss, Eltern zu Couchpotatos zu entwi-ckeln, bemühte sich die Filmin-dustrie, die heimischen Sitzenbleiber durch frisches Publikum zu ersetzen. Die Fluchtwelle des „getting away from mom and dad“ sollte sich in die Kanäle der Autokinos ergießen. Doch bevor American International Pictures erfolgreich Sequel-intensive Zielgruppenfilme wie Teenage Doll von Roger Corman oder I Was a Teenage Frankenstein (beide 1957) rausbrachte, versuchte man noch einmal, zwischen den Generationen zu vermitteln. Die Saat der Gewalt (1955) atmet schwer vor Anstrengung, Eltern das begreiflich zu machen, was sie nicht verstehen, um andererseits in Style und Pose leichtfüßig an die Halbstarken ranzutänzeln.

Ist mit Bill Haleys Vorspann-Hit „Rock Around the Clock“ auch der Groove der Jugend gefunden, klingt der nächste Rhythmus schnell wieder nach Gleichschritt. Raus aus der Familie, rein in die Gesellschaft, skandieren die Autoritäten. So wird Reservepapa Glenn Ford als Highschool-Lehrer nicht müde, dem armen Sidney Poitier – dessen Debüt hier der Regel „Teenfilme sind auch immer Talentschuppen“ folgt – andauernd den Job des „Klassenführers“ (so nennt es die deutsche Synchronisation) anzubieten. Wo Paternalismus sich wohl fühlt, ist auch Patriotismus nicht weit, und so wird ein jugendlicher Delinquent auch schon mal symbolschwanger mit der US-Flagge unschädlich gemacht.

Verharrt Die Saat der Gewalt konsequent in derartigem Schwarzweiß, gelingt es Nicholas Ray mit Denn sie wissen nicht, was sie tun (1955), dem Jugenddrama der 50er die Farbe des Aufbegehrens hinzuzufügen. Jede Filmminute widerspricht dem Originaltitel Rebel Without a Cause und färbt den Grund so signalrot wie James Deans Jacke. Wer konnte auch mit diesen autoritären, abwesenden oder verständnislosen Eltern einverstanden sein? Mit einer Generation, die sich in einer derart selbstzweifelsfreien Trägheit eingerichtet hatte, wie es uns heute vielleicht ein Otto Schily mit seiner satten Unerschütterlichkeit beginnt vorzumachen.

In Heathers (1989) sind die Springmesser der 50er Jahre effektiveren Waffen gewichen. Generationenkonflikt? Fehlanzeige, der Feind ist gleichaltrig. „Our job is being popular“, lautet das Credo in der Highschool-Diktatur der Schönen und Sportlichen. Die Arbeitsverweigerung von Winona Ryder und Christian Slater mündet in fingierten Selbstmorden, denen tussige Cheerleader und homophobe Footballer zum Opfer fallen. Bedauerlich nur, dass die bonbonfarbene Szenerie dann doch nicht im „Woodstock der 80er“ endet, dem bombigen Massensuizid der Highschool. Hätte schon gepasst. Tim Gallwitz

Denn sie wissen nicht, was sie tun: Do, 21.15 Uhr (mit Einführung von David Kleingers); Die Saat der Gewalt: Fr, 21.15 Uhr; Heathers: Sa, 21.15 Uhr, Metropolis; die Reihe wird fortgesetzt