schröder-rede

„Neues Selbstverständnis“

„Wir haben Grund, bei der Formulierung und Durchsetzung unserer Außenpolitik das eine oder andere zu verändern. [. . .]

Nach dem Ende des Kalten Krieges haben wir uns in einer neuen Weise der internationalen Verantwortung zu stellen – einer Verantwortung, die unserer Rolle als wichtiger europäischer und transatlantischer Partner, aber auch als starker Demokratie und starker Volkswirtschaft im Herzen Europas entspricht. Noch vor zehn Jahren hätte niemand von uns erwartet, dass Deutschland sich anders als durch so etwas wie sekundäre Hilfsleistungen an internationalen Bemühungen zur Sicherung von Freiheit, Gerechtigkeit und Stabilität beteiligt. Ich sage das durchaus auch bezogen auf mein eigenes Denken und Handeln. Diese Etappe deutscher Nachkriegspolitik ist unwiederbringlich vorbei. [. . .]

Die Bereitschaft, unserer größer gewordenen Verantwortung für die internationale Sicherheit gerecht zu werden, bedeutet auch ein weiterentwickeltes Selbstverständnis deutscher Außenpolitik. International Verantwortung zu übernehmen und dabei jedes unmittelbare Risiko zu vermeiden, kann und darf nicht die Leitlinie deutscher Außen- und Sicherheitspolitik sein.

Mit Bezug auf die innenpolitische Diskussion sage ich auch: Wir sollten versuchen, nachzuvollziehen und zu verstehen, dass es viele Menschen gibt, die sich Sorgen um Tatsache und Umfang eines militärischen Beitrags zur Bekämpfung des Terrorismus machen. [. . .] Mir ist die Zurückhaltung einer Gesellschaft, die sich zu Recht etwas auf ihren zivilen Charakter einbildet, allemal lieber als jede Form von Hurra-Patriotismus.“