Bremen bald total sacklos?

■ Müllschlachten um das richtige Prinzip: Bremen zwischen Gelben Säcken, dem Bundesgesetz und anderen Ansätzen wie dem teuren, aber ökologisch besseren Trockenstabilat

Nichts bewegt die BremerInnen offenbar so sehr wie Müll. Der Dreck aus herumliegenden gelben Säcke ist nicht nur das Dauer-Thema in den Beiräten. „So geht es einfach nicht weiter“, sagen inzwischen fast alle Parteien.

Schließlich stünden die gelben Säcke manchmal schon Tage vor der nächsten Abfuhr draußen, und „verschandeln das Stadtbild“, kritisiert die CDU. Ihr Inhalt verteile sich regelmäßig über ganze Straßenzüge, was „neue Rattenpopulationen züchtet“, heißt es von Seiten der SPD. Und Drittens und letztens gehören mindestens 40 Prozent des Mülls überhaupt nicht in den gelben Sack. Ökologisch also höchst zweifelhaft, finden die Grünen. Also: Weg mit den Säcken?

Zwar läuft Ende 2003 der Vertrag in Bremen mit dem Dualen System aus. Gekippt wird der gelbe Sack damit aber noch lange nicht. „Wir überlegen, wie man den Vertrag neu regeln kann“, stellt Holger Bruns, Sprecher im Umweltressort klar. Und das heißt: Werden die Recyclingstoffe in Zukunft per Tonne, per Sack, mit dickeren Säcken und überhaupt wie häufig abgeholt, oder wird ein Bringdienst eingeführt? All das, aber auch nicht mehr wird derzeit von der Bremer Entsorungsbetrieben untersucht. Alternativen zum Dualen System stehen damit offiziell erstmal nicht zur Debatte.

Unabhängig davon rumort es aber: Karin Mathes von den Grünen fordert, auch andere Ansätze wie das Trockenstabilat-Verfahren zu prüfen. SPD und CDU lehnten das zwar noch im August in der Umweltdeputation ab. Diese Woche bringt aber nun just die SPD dieses Verfahren wieder ins Gespräch, nachdem sich drei Genossen die Anlagen genauer angesehen hatten. Sie wollen das Verfahren langfristig auch in Bremen etablieren.

Das wäre zwar teuer (50 Millionen Mark) aber „deutlich besser, als das, was hier im Moment passiert“, bekennt der geleuterte Genosse Joachim Schuster. In Venedig, in Dresden und im Lahn-Dill-Kreis wurde das etwas andere Müllkonzept bereits umgesetzt. Dort darf von Glas bis Aluminium, Batterien bis Plastik alles in eine Tonnen geschmissen werden. Der ganze Müll würde dann per Hand beziehungsweise maschinell sortiert, alle Wertstoffe zum Wiederverwerten rausgezogen, während der Rest als Trockenstabilat verbrannt werden kann und so gut heizen soll wie Braunkohle.

Das ganze hat nur zwei große Haken: Zum einen müsste erst ein Bundesgesetz geändert werden, was Quoten und getrenntes Sammeln verlangt. Und zweitens ist Bremen bis 2017 in festen Verträgen an die Müllverbrennungsanlage gebunden, die mit Trockenstabilat ziemlich überflüssig wäre. Zusätzliche Investitionen aber würden die Müllgebühren explodieren lassen. „Aber selbst wenn wir das in den nächsten zehn Jahren hier nicht einführen können, sollten wir die Zeit danach vorbereiten“, fordert SPD-Mann Schuster.

Die Idee vom Ende des gelben Sacks findet offenbar jenseits von Parteigrenzen Anklang. Auch die CDU will das „ganz unvoreingenommen prüfen“, erklärt Viola Mull. Schließlich würden damit alte Forderungen war: Alles in eine Tonne. Hauptsache der Bürger muss nicht trennen. Zwar werden die Grünen nach Jahren des proklamierten Müll-Trennens Erklärungs-Schwierigkeiten kriegen. „Aber wir können die Leute auch nicht im Glauben lassen, mit dem gelben Sack machen sie was ganz Tolles“, gibt Mathes zu.

Kritik gibt es nur von dem Umweltverbänden. Jenseits von gelben Sack und der neu entfachten Diskussion ums Trockenstabilat „braucht Bremen ein vernünftiges Abfallkonzept“, fordert Martin Rode vom Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND). „Das Problem ist hier im Grunde doch nur auf die Stadtverunreinigung reduziert.“ Dorothee Krumpipe