Hauptsache Fußball

Zwei Vierzehnjährige besuchen die achte Klasse einer Waldorfschule. Die Vor- und Nachteile dieser Schulform

In der Waldorfschule ist es so, dass man von der ersten bis zur achten Klasse den gleichen Klassenlehrer hat. Das heißt gleichzeitig, dass man bis zur achten Klasse bei dem gleichen Pädagogen Hauptuntericht hat. Bei diesem Klassenlehrer haben wir mindestens zwei Stunden am Tag. Die Lehrer unterrichten Mathe, Geometrie, Physik, Chemie, Geografie, Geschichte, Biologie und Deutsch. Und das über das ganze Jahr aufgeteilt in Epochen. Zum Beispiel haben wir einen Monat nur Mathe im Hauptunterricht. Das finden die meisten Schüler nicht so toll. Da vergisst man vieles von dem, was man im Monat zuvor gelernt hat.

Wir sind auch der Meinung, dass es nicht sehr gelungen ist, dass wir zwei Fremdsprachen für die ganze Schulzeit fest vorgeschrieben bekommen, wie es an unserer Schule üblich ist. Das sind Russisch und Englisch. Englisch ist toll und da weiß man auch, dass man mit dieser Sprache weiterkommt. Aber mit Russisch oder genauer mit Russland glauben wir später nichts zu tun zu haben. Wir sehen unsere Zukunft eher in Westeuropa und wären darum für eine zusätzlich frei zu wählende Sprache wie Französich oder Spanisch dankbar.

Die Klassenfahrten oder genauer gesagt die Klassenwanderungen sind in unserer Klasse bisher ziemlich bescheiden ausgefallen. Wir sind nämlich nie mit dem Bus irgendwo hingefahren, sondern mussten in drei aufeinanderfolgenden Schuljahren die Strecken zu Fuß oder per Fahrrad zurücklegen. Das war echt anstrengend und gar nicht so toll.

Wir finden es negativ, dass die Anthroposophen in vielen ihrer Einrichtungen das Fussballspielen nicht erlauben. Sie begründen das mit Sätzen wie: „Der Kopf ist nicht zum Schießen, der Fuß ist nicht zum Treten da.“ Da spielt bestimmt auch die Kritik an der Vermarktung des Fußballspiels eine Rolle. An unserer Schule ist das zum Glück kein Thema, Fußballspielen ist erlaubt.

Insgesamt haben wir den Eindruck, dass an vielen Schulen die Klassen zu groß sind. Das hat wohl zwei Gründe: Einmal bekommen die Schulen vom Staat weniger Zuschüsse und sind darum auf die Elternbeiträge angewiesen. Der zweite Grund ist aber, dass die Lehrer größere Klassen lieben: mit der ganzen Palette an verschiedenen Temperamenten und Charakteren. Es ist ja auch beeindruckend, eine große Klasse auf der Bühne zu sehen. Große Klassen mit Kindern, die immer schwieriger werden, sind für die Lehrer und die Schüler aber auch ziemlich anstrengend. Wir haben das Gefühl, dass die Lehrer sich dann nicht so richtig um jeden Schüler kümmern können. Weil die Schulen Schulgeld verlangen müssen, um überleben zu können, kann nur eine bestimmte Schicht ihre Kinder zur Schule schicken – obwohl immer wieder versucht wurde, das zu ändern.

Besonders begeistert sind wir auch nicht von den Zeugnissprüchen: Am Ende eines jeden Schuljahrs bekommt jedes Kind einen Zeugnisspruch, den die Klassenlehrer für jedes Kind auswählen. Die Sprüche müssen dann bis zum Ende der Ferien auswendig gelernt werden. Der Spruch soll uns das ganze Jahr begleiten. Und am Geburtswochentag muss er vor der ganzen Klasse aufgesagt werden. Wir finden, dass das viel zu häufig geschieht. Weniger wäre da mehr.

LEON UND FRITZ