„Er will Mekka und die Atombombe“

Cohn-Bendit und Herzinger äußern sich auf taz-Podiumsdiskusion über Bin Laden, Afghanistan und die US-Angriffe

FRANKFURT taz ■ Daniel Cohn-Bendit, EU-Abgeordneter der französischen Grünen, hat erneut die militärische Intervention der USA in Afghanistan befürwortet. Wenn der Angriff das Taliban-Regime stürze und gegen das Problem der Flüchtlingslager angehe, dann sei diese Intervention legitim, sagte Cohn-Bendit auf einer Podiumsdiskussion der taz im Rahmen der Frankfurter Buchmesse. Gleichzeitig verwies Cohn-Bendit auf die Ambivalenz dieser militärischen Antwort der USA auf die Terroranschläge in New York und Washington. „Wenn die Angriffe nur eine Bestrafung darstellen, sind sie nicht legitim.“ Cohn-Bendit warnte die USA und das westliche Bündnis vor „blinder Realpolitik“. Selbst ein militärischer Erfolg mache nur Sinn, wenn auch darüber hinaus eine politische Perspektive für Afghanistan aufgebaut werde. Es sei gefährlich, wenn die militärische, antifaschistische Allianz neben der realpolitischen Ebene nicht auch die Entwicklung in Staaten wie Afghanistan hin zu einer Zivilgesellschaft und Demokratie einleite. Zudem müsse, so Cohn-Bendit, bedacht werden, dass „die Auseinandersetzung mit der Globalisierung und deren Ungerechtigkeit diese Welt prägt“. Die Strategie des politischen Islam sei es, auf diese Ungerechtigkeit zu setzen und damit Massen zu mobilisieren. Der Westen habe das „Projekt des politischen Islam“ lange Zeit nicht ernst genommen. Gerade Ussama Bin Laden ziele auf den „Führungsanspruch in der islamischen Herrschaft“.

Cohn-Bendit: „Er will die Macht in Pakistan und Saudi-Arabien übernehmen – und damit die Macht über Mekka und die Atombombe.“ Der Autor Richard Herzinger (Republik ohne Mitte) warnte auf der taz-Veranstaltung davor, dem Irrglauben aufzusitzen, das Phänomen Terrorismus würde verschwinden, sollten Bin Laden und die Taliban besiegt werden. Im Gegenteil: „Auch danach wird der interessengeleitete Extremismus bleiben – vollgestopft mit Pulverfässern wie etwa die Teil-Republiken der ehemaligen Sowjetunion.“ Es werde „keine geläuterte Welt geben nach dem Motto: So, wir machen jetzt eine gerechte Ordnung“. Auch Herzinger sprach sich für die militärische Reaktion der Vereinigten Staaten aus: „Wir wissen heute, dass die Destabilisierung in Afghanistan und der Region mindestens genauso groß wäre, wenn man nicht intervenieren würde.“ THILO KNOTT