Entbinden mit Mette-Marit

■ Sybille und die kleinen Wahnsinnigen im Atrium

Einmal mit Boris aufs Hotelzimmer – und frau hat ausgesorgt. Entbinden mit Mette-Marit, Villa auf Malle, Dollars, Dollars, sieben Mille – Sybille Hein und die kleinen Wahnsinnigen erklären, wie's geht. In ihrem neuen Programm Ich will ne Irre werden, das am Freitag im Atrium Premiere hatte, schwelgt Frl. Sybille abermals im Unmoralischen Blutrünstigen, Gemeinen. In dem, was sich jedeR schon mal gewünscht hat – wie die Schwiegermutter in der Schrankwand zu entsorgen.

Roter Faden des Programms unter der Regie von Edda Schnittgard (queen bee) ist das Trauma ihres Pianisten Falk, der den Verlust seiner großen Liebe Conny aus der zweiten Klasse nicht verwinden kann. Jedenfalls meint das Frl. Sybille und erfreut das Publikum mit peinlichen Details aus Falks Seelenleben. Sybille kritisiert, kommandiert, blamiert Falk, den „Kumpeltypen“, der einem den Kaffee ans Bett bringt, wenn der Latin Lover sich verpisst hat. Dass die Symbiose „Bille – Falk“ so gut funktioniert, ist auch der schauspielerischen Leistung von Falk zu verdanken, der mit minimalistischen Gesten überzeugt: die perfekte Ergänzung zur exzentrisch-spielfreudigen Sybille, die sich nicht scheut, mit einem männlichen Opfer aus dem Publikum auf dem Flügel einen One-Night-Stand zu performen. Gelegentlich brauchen Bille und Falk allerdings zu lange, um in Fahrt zu kommen, vor allem in der ersten Hälfte des Programms. Schön fies wird's wieder in der zweiten, wenn Bille Falk zwingt, ein Lied vorzutragen, das er einst für Conny ersann.

Dazwischen gibt's immer wieder „Psycho-Chansons“, bei denen der Zuschauer die Wahl hat, ob er den Text ernst nimmt oder nicht. Aber egal, wonach einem gerade ist, die Songs überzeugen auf jeden Fall durch die Stimme von Sybille Hein, deren Facettenreichtum beeindruckend ist. Von Soul über Rap bis Hypersopran – Frl. Sybille kennt keine Tabus und nötigt auch Falk zum viergestrichenen C.

Ich will ne Irre werden ist besonders zu empfehlen für alle, die Probleme haben, zu ihren dunklen Anteilen zu stehen. Sybille Hein zeigt, wie viel Spaß man damit haben kann. Nicht auszudenken, was passieren würde, würde man dieser Frau das Ventil der Comedy verbieten. Die würde glatt ihre Schwiegermutter in die Schrankwand sperren und auf Boris Beckers Kos-ten ihr Konto sanieren. Man gönnt's ihr. Heike Dierbach