Motiv: Einmischen

Umsonst gebastelt: Die NPD versuchte, mit einem Plakat auf der Demo zu provozieren – und machte sich lächerlich

Es fehlte doch der Mut. Bei der Friedensdemonstration werde man selbstverständlich mitmarschieren, hatte die rechtsextreme NPD zuvor großmäulig angekündigt. Alles, was am Samstag blieb, war eine kurzes Intermezzo: Ein NPDler kletterte auf eine Balustrade des Französischen Doms und entrollte unterhalb der Kuppel ein zehn Meter langes Transparent.

In der Eile schlampte er beim Befestigen, so war nur die Hälfte zu lesen: „Los von Amerika“, stand dort, flankiert von zwei NPD-Logos. Sofort geriet das Geschehen auf der Bühne zur Nebensache. Zehntausende schauten zum Französischen Dom hinauf. „Nazis raus“-Rufe brandeten über den ganzen Gendarmenmarkt, wenig später die Forderung „Runterholen“. Eine Demonstrantin fragte: „Wie kommen die da hoch?“ Ein anderer bemerkte: „Schon merkwürdig, dass die das so lange dulden.“ Nach einer Viertelstunde riss ein Friedensdemonstrant das Plakat ab und warf es unter lautem Beifall vom Dach.

Auf der Bühne distanzierte sich die Moderatorin umgehend von der NPD-Aktion: Rechtsextreme Parteien hätten nichts in der Nähe der Friedensbewegung zu suchen. „Faschismus ist keine Meinung, Faschismus ist ein Verbrechen.“ Jens-Peter Steffen, Pressesprecher der Veranstalter, maß dem Ganzen wenig Bedeutung zu: „Das war ein Problem des Hausherren, also der Kirche, und beschäftigt uns nicht. Die Demonstration ist mit dieser Provokation souverän umgegangen.“ Unklar ist, ob es zu Festnahmen kam. Darüber schwieg sich die Polizei am Wochenende aus, ebenso wie über die Frage, warum nicht Polizeibeamte das Plakat entfernten. Während des Sternmarsches war die NPD überhaupt nicht in Erscheinung getreten. Laut einem Polizeisprecher hatte die Partei geplant, ihre Mitglieder einzeln unter die Demonstranten zu mischen.

ULRICH SCHULTE