Die ausgefallenen Ideen der Ja-Sager

■ Paare auf Suche nach Exotik: Das ist beim Heiraten nicht anders als beim Autokauf

Unter dem bronzenen Relief Kaiser Wilhelms II. stehen Hans-Peter und Ingrid eng umschlungen. Hier, im Leuchtturm von Kiel-Holtenau, möchten die beiden den Bund fürs Leben schließen. „Irgendwie romantisch“ finden die Verlobten das Türmchen an der Mündung des Nord-Ostsee-Kanals. Die Atmosphäre sei unvergleichbar, sagt die künftige Braut mit verklärtem Blick.

Immer mehr deutsche Pärchen wollen den „schönsten Tag im Leben“ an ausgefallenen Orten feiern – für die Standesämter ein gutes Geschäft: In Kiel haben in diesem Jahr 38 Pärchen im Leuchtturm geheiratet (Preis: 929 Mark). So schwelgen heute Marianne und Matthias Nickel in Erinnerungen: „Einfach einmalig“. Die Standesbeamtin schenkte ihnen eine Schiffsglocke – das Präsent ist im Pauschalangebot der Stadt enthalten. Jetzt hängt die Glocke im Wohnzimmer. Und wenn die Stimmung mal angespannt ist, lässt Marianne läutend die schönen Stunden wieder aufleben.

Die Trauungen auf See und im Leuchtturm sind für die Paare symbolträchtig. „Der Leuchtturm steht für Orientierung und für Heimat“, sagt Hans-Peter. Viele Paare, die nicht kirchlich heiraten wollen, suchen außerdem einen Ersatz für das fehlende liturgische Ritual.

Aus der ganzen Republik lassen sich die Heiratswilligen an die Förde locken: Das erste Paar reiste aus Berlin an, das hundertste aus München. Meist bringen sie große Hochzeitsgesellschaften mit, über die sich dann die Kieler Hoteliers freuen.

Der Ablauf der Zeremonie ist penibel durchgeplant – inklusive „Transfer der Hochzeitsgäste“ und „1 Glas Sekt pro Person“. Nur die See bleibt unberechenbar: Als Eric Grundner (57) und seine Braut Renate (38) an einem Dezembertag am Pier standen, zerzauste ein Sturm ihnen die Haare. Das Schiff lief nicht aus, die Hochzeit musste im Standesamt stattfinden. Mittlerweile haben Eric und Renate die maritime Hochzeit nachgeholt. Auf dem polnischen Segelschulschiff „Frederic Chopin“. dpa