Schwere Schlappe für Argentiniens Regierung

Präsident Fernando de la Rúa stört die Niederlage bei der Wahl für Senat und Abgeordnetenkammer wenig. Er macht weiter wie gehabt.

SAN SALVADOR taz ■ Argentiniens Präsident Fernando de la Rúa nimmt die Niederlage gelassen. „Es hat sich gar nichts verändert“, sagte er am späten Sonntagabend. Da war längst klar, dass seine Unión Cívica Radical (UCR) die Wahl vom Sonntag haushoch verloren hatte und dass er in Zukunft gegen eine Oppositionsmehrheit in Senat und Abgeordnetenkammer anregieren muss. Weil es aber auch keinen richtigen Gewinner gab, kann de la Rúa das Ergbenis locker wegstecken. Er wird noch mehr per Dekret regieren als bislang.

Rund 25 Millionen Argentinier waren am Sonntag aufgerufen, den ganzen Senat und die halbe Abgeordnetenkammer neu zu wählen. Es war von vornherein klar, dass dies eine Abrechnung mit de la Rúa werden würde. Nach der Hälfte seiner vierjährigen Amtszeit erreicht der Präsident in Umfragen nicht einmal mehr 20 Prozent Zustimmung. Um den Haushalt auch nur einigermaßen ins Lot zu bringen, hatte er vor der Wahl die Löhne und Gehälter der Staatsbediensteten und die ohnehin knappen Renten um 13 Prozent gekürzt. Nur mit Mühe hatte er dem Internationalen Währungsfonds die Zusage über einen weiteren Acht-Milliarden-Dollar-Kredit abgehandelt. Aber schon jetzt ist klar, dass auch der nicht ausreichen wird, um den Schuldendienst für die gut 130 Milliarden Dollar Auslandsschulden zu bedienen. Die Wirtschaft stottert seit den Anschlägen in den USA noch mehr. Die Arbeitslosigkeit liegt inzwischen bei rund 30 Prozent.

Die Opposition des peronistischen „Partido Justicialista“ konnte davon profitieren. Aber nicht zu sehr. Nach den bisherigen Ergebnissen wird sie ihre absolute Mehrheit im Senat bequem verteidigen und de la Rúas radikale UCR in der Abgeordnetenkammer als stärkste Fraktion ablösen. Mehr als 50 Prozent der Sitze aber wird sie dort kaum erhalten. Besonders hart traf es die Radikalen in der Provinz Buenos Aires, wo rund ein Drittel der 37 Millionen Argentinier lebt. Einst war dies eine Hochburg der UCR. Bei der Senatswahl vom Sonntag aber landete ihr Kandidat, Expräsident Raúl Alfonsin, rund zwanzig Prozentpunkte hinter dem Peronisten Eduardo Duhalde. Es wurden mehr ungültige Wahlzettel gezählt als solche mit einem Kreuz für Alfonsin.

Die Nichtwähler und diejenigen, die die Wahlzettel ungültig machten, waren die eigentlichen Gewinner. Die Auszählung der Stimmen verzögerte sich, weil hunderten von Wahlbriefen ein verdächtiges weißes Pulver beigelegt worden war und sich die verängstigen Helfer weigerten, die Stimmen auszuzählen.

Trotz Wahlpflicht lag die Beteiligung nur bei rund 70 Prozent. Und von denen stimmten fast 30 Prozent ungültig ab. Kein Wunder. Es ist längst nicht mehr klar, wer eigentlich Regierungspartei ist und wer Opposition. Im Wahlkampf hatte de la Rúa für seinen Parteifreund Rodolfo Terragno geworben. Der aber fuhr eine frontale Kampagne gegen de la Rúas Wirtschaftsminister Domingo Cavallo. Cavallo wiederum präsentierte sich mit seiner Partei „Acción por la República“ in Buenos Aires in einer Allianz mit den oppositionellen Peronisten.

Die werden in Zukunft trotz ihrer Mehrheit keinen einheitlichen Oppositionsblock bilden. Sie lagen bei der Auszählung der Senatsergebnisse am frühen Montag morgen zwar in 16 der 23 Provinzen in Front. Aber etliche dieser Provinzen sind überschuldet und dringend auf Geld aus de la Rúas Regierungskasse angewiesen. Der Präsident kommentierte das Ergebnis deshalb, als wäre nichts geschehen: „Die Gründe, warum ich gewählt worden bin, sind weiterhin die selben. Ich soll die exzessiven öffentlichen Ausgaben begrenzen und einen ausgeglichenen Haushalt ohne Defizite hinterlassen.“ Die Sparpolitik geht weiter.

TONI KEPPELER