„Ich fordere nur, die UN0 zu unterstützen“

Frithjof Schmidt, Vorstandssprecher der Grünen in NRW, spricht sich für ein sofortiges Ende der Angriffe auf Afghanistan aus

taz: Herr Schmidt, Sie fordern die Unterbrechung der US-amerikanischen Militärschläge gegen Afghanistan. Haben Sie schon mit Präsident Bush telefoniert?

Frithjof Schmidt: Ich fordere nicht die Unterbrechung, sondern die Einstellung der Angriffe. Ich habe zwar den Beschluss des Länderrats der Grünen mitgetragen, der begrenzte Operationen gegen terroristische Netzwerke billigt, Aktionen gegen unschuldige Zivilisten aber ausdrücklich ausschließt. Doch genau das passiert jetzt: Eine zielgenaue Zerstörung terroristischer Infrastrukturen ist beim Einsatz von Streubomben, bei der irrtümlichen Bombardierung ganzer Wohnviertel nicht mehr zu erkennen.

Und Sie glauben, Ihre Position wäre den USA vermittelbar?

Es ist die Aufgabe von Partnern, Kritik zu üben, wenn politische Entwicklungen aus dem Ruder laufen. Das ist bei dieser militärischen Aktion der Fall.

Warum?

Die von der UN-Menschenrechtskommissarin Mary Robinson geforderte Unterbrechung der Angriffe zur Versorgung der Millionen Flüchtlinge markiert ein Minimum an Humanität. Ich glaube aber, dass nach über einer Woche der Bombardements die Einstellung der Angriffe erforderlich ist. Notwendig ist eine Debatte um ein politisches Lösungskonzept. Ein solches Konzept der Regierungen kann ich aber momentan noch nicht erkennen.

Was heißt das für die Bundespartei?

Der Beschluss, den der grüne Länderrat vor einer Woche gefällt hat, ist eindeutig: Wenn die Angriffe Zivilisten treffen, können wir die Militäraktionen der Amerikaner nicht mehr mittragen. Ich erwarte, dass die Partei diesen Beschluss jetzt konsequent umsetzt – auch und gerade auf der Bundesebene.

Was heißt das für die Politik der Bundestagsfraktion?

Die Fraktion muss sich in der Koalition für eine humanitäre Lösung stark machen, ebenso wie der Außenminister.

Bedeutet das nicht den Bruch der Koalition?

Ich fordere lediglich, die UN-Menschenrechtskommissarin bei der Verhinderung einer humanitären Katastrophe zu unterstützen. Das ist doch eine völlig legitime Position. Man wird sehen, wie die SPD, wie der Kanzler reagiert. Immerhin handelt es sich um eine Forderung der UNO.

Unterstützt der nordrhein-westfälische Landesverband der Grünen Ihre Position?

Ich habe eine Menge Verbündete: Eine ganze Reihe Kreisverbände, beispielsweise Münster, Leverkusen oder Essen, haben in den vergangenen Tagen entsprechende Beschlüsse gefasst, ebenso wie die Grüne Jugend oder der Grüne Frauenrat. Ich sehe mich mit vielen in meiner Partei im Einklang.

Sie sprechen aber ausdrücklich nicht für den Landesvorstand . . .

Der nordrhein-westfälische Landesvorstand wird erst heute beraten und dann einen Beschluss fassen. Wir sind jedoch alle in großer Sorge, gerade nachdem uns Claudia Roth die Eindrücke von ihrem Pakistan-Besuch geschildert hat. Ich gehe aber davon aus, das der Landesvorstand nach der verstärkten gestrigen Diskussion in Berlin Ähnliches fordern wird wie ich.

Glauben Sie, dass auch die Bundespartei ein Ende der Bombardierung unterstützen wird?

Noch einmal: Wir haben im Länderrat klare Kriterien darüber aufgestellt, was wir unterstützen und was nicht.

Entscheidend ist der Schutz der Zivilbevölkerung. Die amerikanische Kriegführung hat diese Grenze mit ihren Bombenangriffen überschritten. Ich fordere von der Spitze der Bundespartei, dass sie den Beschluss des Länderrats ernst nimmt und ihn umsetzt.

INTERVIEW: ANDREAS WYPUTTA